Das Projekt SupaKids gibt Kindern und Jugendlichen Halt, deren Eltern schwer krank sind

Hamburg. Eine Lichterkette mit Gespenstern schmückt die kahle Wand. Daneben ein selbst gemaltes Bild, das Meer ist darauf zu sehen, Fußspuren im Sand. Der Blumentopf hat sich in einen Hasen verwandelt: Lange Ohren, Augen und ein Mund aus Papier zieren das Gefäß nun. Der Hase amüsiert sich, streckt die Zunge heraus.

Diese kleinen Kunstwerke erzählen Geschichten. Geschichten von Kindern, die in einer besonderen Situation sind. Für sie ist es nicht selbstverständlich, unbekümmert und sorgenfrei aufzuwachsen, denn in ihrem jungen Alter tragen sie oft eine schwere Last mit sich: Sie haben chronisch kranke Eltern oder Geschwister. Zweimal in der Woche bekommen sie bei den "SupaKids" deshalb die Möglichkeit, ihren Kummer zu vergessen. Dann dürfen sie sich ablenken, spielen, basteln oder toben. Und sie dürfen vor allem eins: Kind sein.

Das Projekt SupaKids wurde im Jahr 2009 von der Deutsches Rotes Kreuz Schwesternschaft Hamburg in Kooperation mit einem Forschungsprojekt der Universität Witten/Herdecke ins Leben gerufen. Es unterstützt Kinder, die mit chronisch kranken Familienangehörigen zusammenleben und für diese sorgen. Bedingt durch die Krankheitssituation in ihrer Familie müssen die jungen Menschen oft schon früh Verantwortung übernehmen, werden sowohl körperlich als auch seelisch stark beansprucht.

Solche Kinder finden bei den SupaKids einen Zufluchtsort. Sie erhalten Freizeit- und Ferienangebote, werden durch Fachkräfte betreut und können mit anderen Kindern spielen. In diesen Momenten sollen sie die Ängste vergessen, die sie oft begleiten. SupaKids will mit seinem Angebot auch kranke Eltern stärken: Sie erhalten fachliche Beratung, können sich bei einem Elternfrühstück mit anderen Betroffenen austauschen und werden nicht zuletzt durch die Angebote für ihre Kinder entlastet.

Das Projekt richtete sich ursprünglich an "pflegende Kinder", also Kinder, die den Haushalt oftmals ganz allein erledigen, weil die Eltern nicht mehr dazu in der Lage sind. "Es ist aber schwierig, die Familien zu finden, in denen es sehr schlimm ist", sagt Diplompädagogin Kathrin Hornung, die im Projekt mitwirkt. "Diese Familien leben oftmals im Verborgenen, da sie Angst vor sozialer Ablehnung haben." Es sei schwer, mit ihnen in Kontakt zu kommen.

Kinder in solchen Familien übernehmen in einem schleichenden Prozess immer mehr Aufgaben, ohne sich darüber bewusst zu sein. "Sie machen es gern und stellen nicht infrage, was sie da leisten", sagt Silke Wötzke, Familien- und Gesundheitskinderkrankenpflegerin. "Für sie ist es selbstverständlich: Ich mache es, weil es meine Familie ist."

Bislang ist SupaKids eine Anlaufstelle für Kinder, die weniger körperlich, sondern eher psychisch unter der Krankheit ihrer Angehörigen leiden. Derzeit hat das Projekt zu etwa 30 Familien aus ganz Hamburg Kontakt. Viele von ihnen wurden über medizinische Einrichtungen auf SupaKids aufmerksam. Die Erkrankungen sind vielfältig - Epilepsie, multiple Sklerose oder auch Krebs.

"Der erste Kontakt kostet die meiste Überwindung", sagt Kathrin Hornung. "Es herrschen viel Angst und Scham." Letztendlich wolle man versuchen, wieder ein Gleichgewicht in die Familien zu bringen. Zehn Kinder zwischen vier und zwölf Jahren kommen zweimal wöchentlich in die Spielgruppen. Darüber hinaus gibt es Ausflüge und Partys. Sogar eine Vernissage wurde veranstaltet, bei der die Kinder selbst gemalte Bilder ausstellten. "Man merkt, dass sie ein großes Bedürfnis haben, sich abzulenken", sagt Projektleiterin Marion Gerdes. "Sie tanken hier viel positive Energie, von der sie hoffentlich auch etwas mit nach Hause nehmen." Im Umgang untereinander seien die Kinder sehr feinfühlig. Neuankömmlinge würden schnell von den anderen in die Gruppe integriert.

Ab Januar kommenden Jahres wird es auch Angebote für ältere Kinder geben.