Anke Neuzerling bietet im Frühstücksfernsehen Aufklärung für die breite Masse

Hamburg. Am Ende des Tages soll Anke Neuzerling eine Antwort gefunden haben. Mit der Suche ist sie etwa eine Stunde in Verzug. Schuld ist, wie irgendwie an allem in diesem Sommer, der Regen. "Ich bin so froh, dass es aufgeklart hat", sagt Neuzerling. Hätte es das nicht, wäre sie nun nass auf der Suche nach dem nächsten Zuckerstand. Oder der Drehtermin wäre abgesagt worden.

Anke Neuzerling ist etwa 26-mal im Jahr als "Gesundheitsreporterin" unterwegs. Dann testet sie für die breite Zielgruppe des Sat.1-Frühstücksfernsehens Anti-Falten-Produkte auf ihre Wirksamkeit oder Badeseen auf ihren Keimgehalt. Und: ob Singen glücklich macht. "Am Ende jedes Beitrags soll Anke mithilfe von Experten die Ausgangsfrage beantwortet haben", sagt Produzentin Heidrun Köhlert, Geschäftsführerin der KS Media Produktionsgesellschaft. Oft sei es so, dass das Team während der Recherche selbst noch etwas lernt.

An diesem Tag lernt Anke Neuzerling, dass gebrannte Mandeln wahnsinnig viele Kalorien haben. Und, etwas genereller: "Das Essen auf Volksfesten ist nicht so ungesund, wie wir gedacht haben." Ob ungesund oder nicht - die Gerüche des Essens sind in Kombination ungefähr so nervig wie der Mix der Musik. Fett, Zucker, saure Gurken, irgendwas Gegrilltes.

"Ich kann nichts mehr essen", sagt Anke Neuzerling. Etwa vier Stunden sind Neuzerling und das Filmteam bereits auf dem Dom unterwegs, doch das spielt eigentlich keine Rolle. Ausgestrahlt wird der Beitrag erst zum Oktoberfest. Anke Neuzerling untersucht das Angebot, begleitet wird sie von einer Ökotrophologin. Drei Stunden wird der Arbeitstag noch dauern.

Neuzerling hat schon Bratwurst (lecker), Steak, Poffertjes (auch lecker), Maiskolben (wenig Kalorien), gebrannte Mandeln (viele Kalorien), eingelegte Gurken (sehr wenig Kalorien) und Gemüse im Bierteig mit Sauce Hollandaise (sehr fettig) probiert. Das mit dem Bierteig-Gemüse ist übrigens ein Problem, denn Fett ist Fett, und wenn man nicht die Freundlichkeit der Standbesitzer bewerten will, muss man das dem Zuschauer auch sagen. "Die bringen mich um", sagt Anke Neuzerling. Und meint die Standbesitzer, nicht die Zuschauer - womit dann auch klar wäre, dass sie der Frühstücksfernseh-Zielgruppe viel über wenig Fett erzählen wird.

Übel sei ihr übrigens noch nicht. Das liegt vielleicht daran, dass sie nicht alles aufgegessen hat. Die Reste fahren neben Cola, Regenschirmen und dem Drehplanungsordner im Produktionsgefährt, einem Bollerwagen, mit.

Gesundheitsthemen hätten sie schon immer interessiert, sagt Neuzerling. "Das Gebiet ist sauspannend", sagt sie. Sie informiere sich über den neuesten Forschungsstand bei Erkrankungen und entwickele auch selbst Ideen, die sie als Gesundheitsreporterin umsetzt.

"Das sind dann eher leichte Themen, man darf die Leute beim Frühstück nicht überfordern. Gerade Medizinthemen muss man für die Zuschauer übersetzen, die Fachbegriffe versteht sonst niemand." Sie glaubt, dass sie die Menschen mit diesem Konzept erreicht, die Rückmeldung der Zuschauer sei positiv. "Ob sie die Ratschläge dann umsetzen, weiß ich nicht. Man darf keine Illusionen haben, Weltverbesserer sind wir nicht. Aber die kleinen Tipps für den Alltag sind sehr sinnvoll", sagt sie. Selbst achtet Anke Neuzerling auch auf ihre Gesundheit, sie ernährt sich gesund, "aber nicht asketisch", und macht Yoga. "Ich habe immer viel gearbeitet. Für Sport muss man sich Zeit freischlagen, wie mit einer Machete im Dschungel." Dass sich das lohnt, weiß Heidrun Köhlert. "Anke testet viel selbst. Aber als wir einen Beitrag über Cellulite gemacht haben, da ging das nicht. Weil sie einfach keine hat."

Anke Neuzerling schlendert zwischen den Volksfestbuden hindurch. Um den Hals trägt sie ein Lebkuchenherz, auf dem in Zuckergussschrift "Ich liebe dich" geschrieben ist. Das steht ihr, und doch scheint es ihr ein wenig unangenehm zu sein. Aber Job ist Job.

68 Folgen gibt es bislang von der Gesundheitsreporterin, gesendet werden die Beiträge immer freitags, immer etwa vier bis sechs Minuten lang. Die Krankenkasse AOK unterstützt die Reihe ideell, twittert die Sendetermine von Zeit zu Zeit. Udo Barske, Pressesprecher des AOK-Bundesverbandes, sagt: "Anke Neuzerling und die Redaktion haben für die Reihe eine Fülle interessanter Gesundheitsthemen ausgewählt und verbrauchernah und spannend umgesetzt. Deswegen begleiten wir die Reihe gern mit kurzen Werbespots und unterstützen sie auch mit Programmhinweisen."

Heidrun Köhlert produziert "Die Gesundheitsreporterin" seit dem Jahr 2009, ihre eigene Produktionsgesellschaft hat sie seit 1997. Die Firma sitzt zwischen Zollkanal und Nikolaifleet an der Katharinenstraße.

"In den Bereich Gesundheit bin ich so reingerutscht", sagt Köhlert. Sie habe in München bei einem Gesundheitsmagazin gearbeitet, seitdem gebe es da eine Verbindung. "Mich interessieren nicht so sehr die heftigen Medizinthemen, eher die, die jeden interessieren." Gerade plane sie, einen Mann zu begleiten, der über mehrere Wochen hinweg auf Fleisch verzichten soll. Und bald drehe sie einen Beitrag, der sich mit Radfahren beschäftigt. "Das ist nämlich in jeder Jahreszeit gut, auch bei Regen", sagt sie, und daran merkt man, dass sie gebürtig aus Hamburg kommt.

Weil auch ihre Firma in Hamburg beheimatet ist, wird viel im Umfeld der Stadt gedreht. "Das Team ist hier, und Betroffene und Experten gibt es auch", sagt Köhlert. Nur Anke Neuzerling reist regelmäßig aus Wiesbaden an.

Sie ist nicht nur Gesundheitsreporterin. Für den Fernsehsender 3sat beispielsweise moderiert sie ein Tiermagazin, gibt Gibbondamen die Hand, betreibt Schildkrötenschutz oder beobachtet ein bewegungsfreudiges Faultier. "Das war abgefahren", sagt sie. Und dann arbeitet sie noch als Autorin, ganz ohne dabei gefilmt zu werden. Reich werde sie dabei nicht, aber reich ist ja Definitionssache und, so hört man oft, nicht das Wichtigste. Wichtig ist die Freude an der Arbeit, sagt Anke Neuzerling. Auch nach sehr vielen Jahren mache ihr der Job noch Spaß. Wer jetzt wissen will, wie alt sie ist, bleibt unwissend, Alter sei in dieser Branche nichts, worüber man rede. Klar ist nur: Cellulite hat sie nicht.