Die Wirksamkeit von Akupunktur sei klar belegt, sagt die Ärztin Dr. Susanne Epplée im Interview

Hamburg. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist ein etwa 6000 Jahre altes Heilkundesystem, das als ergänzende Behandlungsmethode auch im westlichen Medizinsystem eine immer wichtigere Rolle spielt. Seine Wirkweise wird mittlerweile auch an Universitäten mit naturwissenschaftlichen Methoden erforscht. Am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) ist seit Mai 2010 mit dem HanseMerkur Zentrum für TCM eine Institution geschaffen worden, an der individualisierte Behandlungskonzepte in westliche Therapien integriert und ihre Wirkweisen erforscht werden. Enge Zusammenarbeit besteht mit der Universität Mainz, der Shanghai University of TCM und der Netherlands Organization of Applied Scientific Research in Utrecht.

Dr. Susanne Epplée, Ärztin am HanseMerkur Zentrum, erläutert die Grundlagen der fernöstlichen Heilkunst - und berichtet, welche Wirkungen in klinischen Studien nachgewiesen werden konnten.

Hamburger Abendblatt:

Frau Dr. Epplée, worauf basiert die Traditionelle Chinesische Medizin?

Dr. Susanne Epplée:

Die Grundlage ist eine jahrtausendealte Erfahrungsmedizin, in der systematisch besonders die Gesamtheit von Körperfunktionen mit ihren Symptomen und Zeichen erfasst wird. Wir betrachten Funktionsbereiche wie zum Beispiel Energiebereitstellung, Wachheit, Anspannung und Entspannung. All dies sind Funktionen des vegetativen Nervensystems, also des Teils des Nervensystems, der nicht willentlich steuerbar ist und zum Beispiel Pulsschlag, Schwitzen, Verdauung oder Atmung beeinflusst und steuert.

Wie kann man sich die Wirkweise der Akupunktur erklären?

Dr. Epplée:

Bei Akupunktur oder Massagen nutzen wir das Reflexsystem. Wir setzen einen Reiz, der an das Gehirn geleitet, dort verarbeitet und über das vegetative Nervensystem entsprechend beantwortet wird. Man kann so Einfluss nehmen auf vom Reiz entfernte Körperregionen und auf innere Organe.

Welche Rolle spielt das Qi?

Dr. Epplée:

Qi wird oft zu mystisch als Energiefluss verstanden. Wir können es besser als neurovegetative Funktionsbereitschaft erklären, als Arbeitsbereitschaft von Gewebe und Organen. Viel Qi bedeutet eine starke Ansteuerung durch das Nervensystem, schwaches Qi geringe Ansteuerung. Ein weiteres wichtiges Gebiet neben der neurovegetativen Regulation ist die Regulation der Feindurchblutung. Die chinesischen Entsprechungen sind "Hitze" und "Kälte".

Welche Erkrankungen sprechen besonders gut auf Akupunktur an?

Dr. Epplée:

Klassisch bewährt ist Akupunktur bei allem Formen der Schmerzerkrankungen. Durch den Reiz einer Akupunkturnadel lassen sich Schmerzfasern hemmen, die zu stark aktiviert sind. Zusätzlich wird auch die Ausschüttung von Endorphinen ausgelöst, körpereigenen Schmerzsubstanzen. Mit Akupunktur lassen sich aber auch Erkrankungen wie Asthma gut behandeln. Je nach Schwere des Falls müssen die Therapien durch Heilkräuter unterstützt werden.

Welche klinischen Studien zur Wirksamkeit der Akupunktur gibt es?

Dr. Epplée:

Inzwischen gibt es viele Studien, die anhand von klar definierten Messergebnissen die Wirksamkeit einer Akupunkturbehandlung belegen können. Wir beginnen hier gerade eine Studie mit 180 Polyneuropathie-Patienten. Diese Erkrankung der Nerven in den Extremitäten kommt besonders häufig bei Typ-II-Diabetikern vor. Vorstudien von Dr. Schröder vom HanseMerkur Zentrum waren sehr erfolgreich: Bei 75 bis 80 Prozent der Patienten zeigten sich subjektive Besserungen, die durch Messung der Nervenleitgeschwindigkeit bestätigt werden konnten. Große klinische Studien haben die Wirksamkeit der Akupunktur bei chronischen Rückenschmerzen und bei Kniearthrose bewiesen. Die Therapien gehören deshalb jetzt zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.

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