Eine Sonderausstellung beleuchtet, was man über “Afrikaner in Hamburg“ bislang nicht wusste

Das Thema "Afrikaner in Hamburg" weckt nach wie vor Assoziationen von Menschen, die sich hier illegal aufhalten und ihren Lebensunterhalt mit dem Dealen von Drogen verdienen. Kaum jemand weiß, wie vielfältig die Szene in Wirklichkeit ist. Mit Vorurteilen aufzuräumen, einen Raum für Begegnungen und gegenseitige Entdeckungen zu schaffen, das ist Ziel der Ausstellung "Afrikaner in Hamburg: Begegnung mit kultureller Vielfalt", die ab dem 23. Oktober im Museum für Völkerkunde zu sehen ist.

Sie basiert auf einem europaweit einmaligen Forschungsprojekt, das gemeinsam vom Museum für Völkerkunde Hamburg, der Schulbehörde, dem Studiengang Journalistik der Universität Hamburg, Vertretern afrikanischer Vereine und afrikanischen Privatpersonen durchgeführt wurde. So haben acht Schulen in Workshops mit dem Verein Radio Funkstark durchgeführt und stellen die Ergebnisse in einen Kontext. Hinzu kommt eine weitere Sonderschau, an der 25 Schulen, die Afrika-Projekte oder Partnerschaften nach Afrika unterhalten, mitgewirkt haben.

Die Schüler im Alter zwischen 15 und 18 Jahren haben, betreut von sachkundigen Paten, ein Interviewtraining durchgeführt und Gespräche mit afrikanischen Mitbürgern in Film oder Fotografie und Ton festgehalten. "Die Kinder waren mit Feuereifer dabei und sind richtige Experten geworden", erzählt Museumsleiter Prof. Wulf Köpke. "Wir haben gelernt, dass sich Migration sehr verändert hat."

Offiziell leben 15 000 Menschen schwarzafrikanischen Ursprungs in Hamburg. Nur 5000 gehen einer sozialpflichtigen Beschäftigung nach. Das erklärt sich dadurch, dass viele von ihnen als selbstständige Unternehmer arbeiten, als Computerfachleute, Cafébetreiber, Ärzte und Rechtsanwälte. "Es ist spannend, was sich da ändert", so Prof. Köpke. "Natürlich gibt es auch Schicksale wie die voll ausgebildete Ärztin, die als Putzfrau arbeiten muss, weil ihr Abschluss nicht anerkannt wird." Es habe sich gezeigt, dass eine qualifizierte Zuwanderung längst stattfinde "Wir haben sie. Wir müssen sie nur nutzen. Dem wollen wir ein Gesicht geben."

Bislang liegen 140 Interviews vor, die Einzelfälle dokumentieren. Sie sollen durch historische und soziologische Fakten ergänzt werden. Die Botschaft, die von der Schau ausgeht ist klar. Es geht nicht um Benachteiligte und Opfer, sondern um eine Begegnung auf Augenhöhe mit Menschen, mit denen man im Alltag allzu oft nebeneinander her lebt. Die Ausstellung will hier den Blick auf Hamburg schärfen. Angefangen bei der Historie von Sklaven und Dienstboten, die die Portugiesen einst nach Hamburg brachten, über den Hafenarbeiter und den Tabakverkäufer auf der Reeperbahn bis zum Computerspezialisten.

Manche Schülerinnen und Schüler haben von ihren Mitschülern mit afrikanischen Wurzeln in elf Schuljahren nicht so viel erfahren wie während der Arbeit an diesem Projekt. Neben den Videos und Filmen sind handgeschriebene Poster zu sehen. Im Zentrum der Schau steht zudem ein Kommunikationszentrum. Eingerichtet wie ein klassischer Afro-Shop, der Treffpunkt schlechthin. Die Schattenseite der Migration, das Heimweh, symbolisiert eine Telefonzelle.

Für das Kamerun-Festival, das zuletzt mit 3000 Besuchern unter der Schirmherrschaft des Museums stattfand, haben sich die Teilnehmer vier Stunden lang aufgestylt. "Auch die Ausstellung soll bunt und fröhlich sein, man soll etwas vom Lebensgefühl der Menschen mitbekommen", sagt Prof. Wulf Köpke. Denn stärker als unter negativen Erfahrungen mit Behörden leiden die Afrikaner unter einer Tatsache: nicht wahrgenommen zu werden.

Afrikaner in Hamburg: Eine Begegnung mit kultureller Vielfalt 23.10.2011 bis 15.1.2012, Museum für Völkerkunde Hamburg, Rothenbaumchaussee 64, Di-So 10.00 bis 18.00, Do bis 21.00