die Zahlen zum jüngsten Aktionsplan der Bundesregierung für Menschen mit Behinderungen klingen großartig: Mit 100 Millionen Euro soll die Berufstätigkeit von Behinderten gefördert werden, damit sollen unter anderem 1300 neue Ausbildungsplätze für schwer behinderte Jugendliche und 4000 altersgerechte Arbeitsplätze für behinderte Menschen über 50 Jahre geschaffen werden.

Das Ziel: Eine inklusive Gesellschaft, in der Behinderte mittendrin sind. Also eine Welt, die sich nach den Bedürfnissen der Schwächsten ausrichtet. Das ist ein sehr hehres Ziel, ein gar frommer Wunsch. Und er klingt zunächst unrealistisch. Denn wie passt das mit einer zunehmenden Arbeitsverdichtung, einer Leistungsgesellschaft, die sich in einer globalisierten Welt behaupten muss, zusammen? Gar nicht. Zumindest solange nicht, bis Nichtbehinderte sich öffnen, mental und mit konkreten Ideen, wie sie Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen in ihre Mitte bekommen können. Doch dazu müssten sie mehr über den Alltag dieser Menschen wissen - und erfahren wollen.

Deswegen stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe das Leben von Christian Brandt und Ilse Waack vor, die von kirchlichen Trägern betreut werden. Zwei Hamburger mit geistigen Behinderungen, die vor allem eins wollen: Soviel wie möglich alleine schaffen - ohne ständige fürsorgliche Begleitung. Wie so ein selbstbestimmtes Leben möglich ist, beschreiben unsere Autorin Hanna-Lotte Mikuteit und der Fotograf Andreas Laible in zwei sehr berührenden Reportagen.

"Anstrengend" war der Kommentar der beiden Journalisten nach der Begegnung - aber auch: "unglaublich bereichernd". Und zu dieser Erkenntnis sollten wir alle kommen, denn Inklusion bedeutet Anstrengung und Bereicherung zugleich.

Schöne Sommerwochen wünscht,

Ihre Sabine Tesche