Mancienne, Töre & Co. - die fünf Neuzugänge sind im Schnitt 20,8 Jahre alt

Hamburg. Er kann gar nicht richtig schwimmen. Trotzdem musste sich Michael Mancienne vor zehn Tagen keine Gedanken machen, dass ihm bei dem spontanen Surf- und Schwimmwettbewerb auf Fehmarn im Beisein seiner Mannschaftskollegen etwas passiert. "Bei uns hilft jeder jedem", freut sich der HSV-Zugang vom FC Chelsea, "die hätten mich rausgezogen. In der Kabine werde ich auch von Beginn an voll mit einbezogen, obwohl ich weder Deutsch sprechen noch verstehen konnte." Dafür aber überzeugte der 23-Jährige auf dem Platz und spielte sich auf Anhieb in die Startelf. "Es läuft, wie es laufen sollte", sagt Mancienne und lächelt glücklich: "Wenn wir jetzt noch eine gute Saison hinlegen, haben wir alles richtig gemacht."

Eben wie Dortmund in der vergangenen Saison. Aus der Jahre zuvor drohenden Insolvenz durch ein Sparprogramm zum großen Erfolg - der BVB ist das große Vorbild für den HSV. Denn auch in Hamburg muss gespart, mussten große Namen abgegeben und somit die zu hohen Gehaltskosten reduziert werden. Ruud van Nistelrooy, Zé Roberto und Frank Rost sind passé - die Zukunft heißt Jeffrey Bruma (19), Gökhan Töre (19), Jacopo Sala (19) und Michael Mancienne (23). Die vier Neuen, die Arnesen für insgesamt 2,5 Millionen Euro vom FC Chelsea mitbrachte, bringen es zusammen auf einen Altersschnitt von 20 Jahren. Dazu gesellt sich am 4. August der potenziell letzte Zugang, Per Ciljan Skjelbred (24), der für 450 000 Euro von Rosenborg Trondheim nach Hamburg wechselt. In Zahlen gesprochen: Der Gehalts-Etat wurde von 48 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro gesenkt. Das Ziel, am Ende gar nur noch 32 Millionen per annum an Gehältern auszahlen zu müssen, soll mit den weiter angestrebten Verkäufen von Guy Demel und Mickaël Tavares noch erreicht werden.

"Wir sind gut aufgestellt", freut sich Oenning unmittelbar vor dem Saisonauftakt beim großen Vorbild Borussia Dortmund. Und während Sala und Bruma verletzungsbedingt noch nicht ihr volles Können zeigen konnten, überzeugte neben Mancienne auch Töre. Obwohl der junge Deutsch-Türke bei seinem ersten Auftritt im Trainingslager auf Sylt von Beobachtern wie Mitspielern heftig kritisiert worden war. Immer wieder hatte sich der eigenwillige Mittelfeldspieler durch eher divenhaftes Verhalten ins Abseits manövriert. So stark, dass Oenning eingreifen musste und ein "sehr konstruktives Vieraugengespräch" mit dem 19-Jährigen führte. "Er hatte am Anfang ein paar Anpassungsprobleme. Aber inzwischen hat er die weggesteckt und sich voll eingebracht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir noch eine Menge Spaß an ihm haben werden", freut sich der HSV-Trainer, der zudem ab Donnerstag mit Mittelfeldspieler Skjelbred arbeiten kann.

Der 24-jährige ehemalige norwegische Nationalspieler soll beim HSV das zentrale Mittelfeld verstärken. "Er ist ein Box-to-box-Spieler", anglisiert Oenning die Qualitäten des blonden Frauentyps, der sowohl als Ballschlepper als auch Passgeber fungieren soll. "Er weiß, wie man dem Spiel Tempo gibt, wie man es lenkt", sagt HSV-Sportchef Frank Arnesen, "und er ist noch lange nicht da, wo er gern hin möchte." Nämlich zurück in die norwegische Nationalmannschaft.

Zudem will Skjelbred, der als Jugendlicher eine TV-Castingshow gewann und als bestes Nachwuchstalent Norwegens eine Woche Probetraining beim FC Liverpool absolvieren durfte, seine Karriere wiederbeleben. "Ich bin 24 Jahre alt, damit bin ich nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. Ich fühle, dass ich mich in Hamburg noch weiterentwickeln kann und werde. Und ich will in Hamburg beweisen, dass ich kein ewiges Talent bin. Mein Traum ist es, mich durch den Wechsel zum HSV auch wieder in die Nationalmannschaft zurückzukämpfen", sagte der Vater eines neun Monate alten Sohnes dem Abendblatt.

Fünf Neue, dazu mit Berg (Eindhoven), Tavares (Middlesbrough), Wolfgang Hesl (SV Ried), Sören Bertram (Augsburg) sowie Tolgay Arslan (Alemannia Aachen) fünf Rückkehrer und mit Tom Mickel, Daniel Nagy (beide eigene U 23), Janek Sternberg und Kevin Ingreso (beide eigene A-Jugend) vier Eigengewächse sind dazugekommen. Dem stehen 13 Abgänge gegenüber. "Ein großer Umbruch, der Hoffnung macht", philosophiert der inzwischen bis 2013 eingesetzte hauptamtliche Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow und blickt ob der bisher positiven Eindrücke optimistisch in die Zukunft: "Wir haben viele Neue, die großes Potenzial haben. Läuft es gut, spielen wir vielleicht sogar um Platz sechs mit."