Wiebke ergatterte ihre Lehrstelle als Friseurin durch eine gute Vorbereitung

Ihren Beratungstermin bei der Arbeitsstiftung Hamburg hatte Wiebke akribisch vorbereitet. Unter dem Arm trug die 15-Jährige ihren kleinen lila Laptop mit den Bewerbungstexten. Als sie den Laptop aufklappte, war das selbst für die erfahrenen Berater an der Adenauerallee eine besondere Szene. "Wir waren beeindruckt, das hatten wir noch nicht erlebt", sagt Nora Matthaei, Beraterin der Arbeitsstiftung.

Ihr Anschreiben und der Lebenslauf waren bereits gut, leider fehlten Praktika, die zu ihrem Berufswunsch passten, denn Wiebke hatte sich für eine Friseurlehre entschieden. Deshalb fragte die Beraterin nach praktischen Erfahrungen in der Freizeit, die zum Berufsbild der Friseurin passen. Mit diesem konkreten Berufsziel war Wiebke in die Beratung gekommen. Rückblickend hat es der jungen Frau mit den Naturlocken sicherlich geholfen, dass sie häufig die Haare ihrer Mutter und ihrer Freundinnen frisiert, gefärbt, auf Lockenwickler gedreht und damit Erfahrungen gesammelt hat. "Genau das haben wir auch in Wiebkes Bewerbung geschrieben", sagt Nora Matthaei. Damit sie auch ohne ein Praktikum punkten kann.

"Mein Traum ist es, später die Schauspielschule zu besuchen. Um dort angenommen zu werden, brauche ich eine Ausbildung, und außerdem passt der Beruf gut, denn für ihre Rollen müssen die Schauspieler entsprechend frisiert sein", sagt die Schülerin, deren Faible kreative Fächer und Gesang sind. Von der siebten Klasse an hatte Wiebke Schauspielunterricht, Kunst und das Wahlfach darstellendes Spiel gehörten zu ihrem Stundenplan an der Stadtteilschule Süderelbe. Sie spielte in zwei Stücken die Hauptrollen, einmal eine aggressive Jugendliche in dem Stück "Hamburg im Untergrund", das das Leben in der U-Bahn zum Thema hatte. "Da musste ich einem anderen Mitspieler sogar eine Bierdose über den Kopf kippen", sagt Wiebke. In dem Stück "Im Garten der Zambranos" spielte sie ein Straßenkind, das von einer reichen Familie aufgenommen wird. Beide Stücke waren mit Musik untermalt.

Musik, auch das ist ein zentrales Thema in Wiebkes Leben. Die 15-Jährige, die zwei Jahre in einer Band gesungen hat, singt bei The Young Classics mit und hatte mit dem Ensemble schon Auftritte in der Laeiszhalle. Am liebsten möchte sie später in Musicals singen. Ein bestimmtes Idol oder ein Vorbild habe sie jedoch nicht.

"Ich singe überall. Das nervt manchmal sogar meine Mutter", sagt Wiebke, die ohne die Unterstützung ihrer Eltern ihre Lehrstelle suchen wollte. Der eine Termin bei der Arbeitsstiftung diente allein dazu, sich über potenzielle Arbeitgeber, die Lehrlinge suchen, zu informieren. Wiebke erhielt eine Liste mit 40 Adressen.

Im Internet recherchierte sie dann selbstständig weiter und rief bei den Salons an. Bei Creativ Haar Sonja Karim in Rahlstedt klappte es dann schließlich mit dem Ausbildungsplatz, nachdem Wiebke im Vorstellungsgespräch die Chefs überzeugt hatte. Sie wurde nach ihren Stärken gefragt und gab zur Antwort: kreativ, teamfähig und selbstbewusst. Ihr gefällt es an dem neuen Arbeitsplatz, und sie nimmt die 90-minütige Fahrt von Neuwiedenthal nach Rahlstedt dafür täglich gern in Kauf. "Ich fühle mich dort gut aufgehoben, die Mitarbeiter sind nett und außer einem 19 Jahre alten Gesellen bin ich die Jüngste." Und sie ist in dem Salon die einzige Auszubildende.

Wenn am 1. August das Arbeitsleben für Wiebke beginnt, wird sie täglich erst gegen 20.30 Uhr zu Hause sein. "Ich freu mich drauf", sagt Wiebke, bedauert jedoch zugleich, dass ihre Schulzeit zu Ende ist - vor allem wegen der Klassenkameraden. "Eine Freundin von mir geht zum Militär. Sie hat sich sogar für neun Jahre verpflichtet", sagt Wiebke.

Viele neue Erfahrungen warten auch auf Wiebke. Wie man perfekt mit unterschiedlichen Methoden Strähnchen machen kann, hat sie an einem Probetag im Rahlstedter Salon bereits erleben können. "Mit Alufolie ist nur eine Möglichkeit", sagt Wiebke.