Die Frage, ob unser heutiger Lebensstil nachhaltig ist, braucht man nicht lange zu erörtern. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass wir die Ressourcen der Erde deutlich über das Maß ihrer Regenerierbarkeit überlasten. Dafür ermittelt man heute den World Overshoot Day, also den Tag eines Jahres, an dem das Jahresbudget an Ressourcen eigentlich aufgebraucht wäre. Im Jahr 2000 datierte dieser Tag auf den 1. November; im Jahr 2010 auf den 21. August.

Eine Erde ist uns also schon lange nicht mehr genug. Aber eine zweite haben wir nicht. Wo soll das enden?

Wenn wir unseren Ressourcenverbrauch nicht schnell und drastisch reduzieren, werden es unsere Kinder einmal schlechter haben als wir. Aber die Neigung, sich nachhaltig zu verhalten, steigt nur langsam. Nachhaltiger Konsum blüht nach wie vor eher in der Nische als im Massenmarkt. Die Nachfrage richtet sich nur sehr begrenzt auf Öko oder Bio - gefragt ist Preis, Aktualität oder Style. Da passt es ins Bild, dass der Zukunftsrat Hamburg in einer Studie gerade ermittelt hat, dass das Mitverantwortungsgefühl Hamburger Verbraucher für nachfolgende Generationen seit 2000 sogar noch gesunken ist.

Es ist ja auch schwer! In einer Flut unterschiedlicher Marken und Labels soll der Konsument sich zurechtfinden - und hat er dann ein Ökoprodukt nach seinem Geschmack gefunden, dann soll er dafür auch noch mehr bezahlen. Da hört bei vielen der Spaß auf.

Die Unternehmen sind also gefordert, Angebote zu entwickeln, die nachhaltig produziert, attraktiv und gleichzeitig preiswert sind. Da kann weniger mehr sein, wenn man an die Forderungen der Umwelt- und Entwicklungsorganisationen denkt, von denen einige immer noch die reinste Lehre vertreten. Aber das treibt die Preise und hilft uns im Massenmarkt nicht weiter. Stattdessen gilt es, solide Grundstandards einzuführen und diese dann dynamisch weiterzuentwickeln. So eröffnet sich die Möglichkeit, viele Marktteilnehmer auf einen Standard zu verpflichten, ein großes Nachfragepotenzial zu bündeln und Marktkräfte für mehr Nachhaltigkeit zu aktivieren.

Ein Beispiel: Vor nunmehr zehn Jahren hat Dr. Michael Otto die Chefs der zehn größten Handelshäuser zu einer Konferenz nach Hamburg eingeladen. Das Ziel: Ein Verfahren für ein gemeinsames Vorgehen gegen Kinderarbeit und Sozialdumping in der Textilindustrie zu entwickeln.

Daraus entstand die BSCI (Business Social Compliance Initiative), unter deren Dach heute rund 400 europäische Handelshäuser und Textilimporteure auf der Basis eines gemeinsamen Standards, gemeinsamer Kontrollmechanismen und Sanktionsverfahren ihre Lieferanten in aller Welt dazu anhalten, soziale Standards in der Textilproduktion zu beachten. Ein Wettbewerb auf Kosten der Menschen im Produktionsbetrieb ist damit weitgehend ausgeschlossen. Die Zahl der hiervon im positiven Sinne Betroffenen geht in die Millionen.

Oder die Initiative "Cotton made in Africa": Afrikanische Kleinbauern werden darin trainiert, beim Anbau ihrer Baumwolle ihre Produktivität zu steigern und dabei Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen, um Bodenfruchtbarkeit, Grundwasser und die eigene Gesundheit zu schützen.

Das so erzeugte Qualitätsprodukt "Cotton made in Africa" wird gegen eine Lizenzgebühr von großen Handelsketten vermarktet. Die Lizenzeinnahmen finanzieren die Trainingsmaßnahmen und fließen ansonsten in Form einer Dividende in die Taschen der Kleinbauern zurück nach Afrika. Über 200 000 Kleinbauern in Subsahara-Afrika profitieren langfristig davon.