Möbel für den Wiedergebrauch: Stilbruch ist eine Hamburger Erfolgsgeschichte mit Patina

Neu kaufen, benutzen, wegwerfen - das kann jeder. Die Herausforderung unserer Zeit besteht darin, Gebrauchtes so aufzubereiten, dass es für andere attraktiv erscheint, und auf diese Weise einen Kreislauf zu bilden. Der Gedanke der Ressourcenschonung kam der Hamburger Stadtreinigung schon vor rund 20 Jahren. Damals begann man mit der "schonenden" Sperrmüll-Entsorgung, was nichts anderes heißt, als dass die Leute ihren "Krempel" nicht mehr einfach auf die Straße stellten, sondern auf Bestellung abholen ließen.

Damit kam aber ein neues Problem auf: Wohin mit den zum Teil gut erhaltenen Möbeln und Haushaltwaren? Einen Vertriebsweg für Sperrmüll gab es bis dato noch nicht. Bis 2001 zwei Männer eine geniale Idee entwickelten: Sperrmüll so zu präsentieren, dass er für andere Käufer begehrlich wird - sowohl in Preis als auch Qualität. "Ein Freund bei der Stadtreinigung bekam den Sperrmüll-Auftrag, ich war damals Geschäftsführer einer Beschäftigungsgesellschaft", sagt Gründer Jörg Bernhard. "Da Personal immer teuer ist, verbanden wir kurzerhand den Umweltgedanken mit geförderter Arbeit, und 'Stilbruch' war geboren."

Mit dem Konzept des "re-use", das heißt werthaltige Abfälle wieder verwendbar zu machen, ist das Projekt Stilbruch mittlerweile auf der zweiten Stufe des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) angekommen. Das sieht vor, dass das deutsche Abfallrecht stärker am Klima- und Ressourcenschutz ausgerichtet ist.

Aus dem kleinen sozialen Projekt ist innerhalb von zehn Jahren ein Erfolgsmodell mit zwei großflächigen Filialen und 47 Mitarbeitern geworden. Die "Haushaltsauflöser mit Herz" kümmern sich darum, dass immer genügend Nachschub da ist und der Werkverkehr reibungslos läuft. Schließlich lautet der Slogan "Neues Altes täglich frisch", die Filialen in Wandsbek und Altona brauchen also ständig "neue" gebrauchte Möbel, Lampen, Küchengeräte und Wohnaccessoires für den Verkauf. "Die Nachfrage ist so stark, dass wir sogar einen dritten Laden eröffnen könnten", sagt Bernhard. In drei Jahren könnte es schon so weit sein - sofern genügend Sperrmüll vorhanden ist.

Besonders freut ihn, dass das Angebot von den Hamburgern so gut angenommen wird. "Es kommen natürlich viele wegen der günstigen Schnäppchen, vor allem Studenten kaufen sich bei uns ihre Erstausstattung", sagt der Gründer. "Aber viele Leute kaufen bei uns, um das Recycling bewusst zu unterstützen." So kommen auch viele Verkäufer direkt zu Stilbruch, um die geerbte Kommode oder den seltenen Kacheltisch in gute Hände abzugeben, anstatt ihn einfach wegzuwerfen. Natürlich sei dafür Sentimentalität verantwortlich. Und auch, dass Möbel mit Patina zurzeit so gefragt sind, spielt Stilbruch in die Karten.

Neben Möbeln verkauft die Gesellschaft mittlerweile auch Kleider, die "flotte Klamotte" ist der neuste, vielversprechende Vertriebszweig. So viel Erfolg muss gefeiert werden: Im Jahr der Umwelthauptstadt werden Jörg Bernhard und seine Mannschaft das zehnjährige Bestehen im September mit einer großen Feier im Stammhaus an der Helbingstraße würdigen.