Der Wille, nachhaltiger einzukaufen, ist bei vielen Verbrauchern vorhanden. Der Weg dorthin ist allerdings noch steinig und schwer. Ob ein Joggingschuh unter sozial und ökologisch akzeptablen Bedingungen hergestellt wurde, kann man beim Einkaufen nicht erkennen. Denn jedes Produkt hat ein zweites, unsichtbares Preisschild: Wie sehr belastet es die Umwelt, wie sind die Arbeitsbedingungen von Kindern, werden Fischbestände hemmungslos überfischt?

Diesen "zweiten" Preis zahlen nicht die Käufer. Aber immer mehr verantwortungsbewusste Konsumenten interessieren sich dafür. Wer konkret nach Informationen zu Herstellungs- oder Produktionsbedingungen sucht, dem stehen einige gute, alltagstaugliche Instrumente zur Verfügung, beispielsweise der Blaue Engel, das MSC-Label für nachhaltig gefangene Fische, das Bio-Siegel, der Hinweis "Ohne Gentechnik", das europäische Umweltzeichen oder das Fair-Trade-Logo. Auch die Stiftung Warentest bezieht bei Produkttests immer häufiger Kriterien zur sozial-ökologischen Unternehmensverantwortung ein, wie kürzlich bei Hähnchenbrustfilets.

Doch neben diesen Siegeln gibt es oft berechtigte Zweifel an angeblich nachhaltigen Produkten. Denn nur für wenige Produkte gibt es Labels oder aktuelle Produkttests. Nachhaltigkeit verkauft sich zurzeit gut, und viele Anbieter springen auf diesen Zug auf, ohne sich sozial verantwortlicher oder umweltfreundlicher als andere zu verhalten. Unseriöse selbstkreierte Auslobungen, "Greenwashing" oder Pseudo-Nachhaltigkeitslabels sind die andere Seite der Medaille. Werbeaussagen zur Natürlichkeit wie beispielsweise bei Kosmetika oder zur regionalen Herkunft bei Lebensmitteln sind häufig schlichtweg falsch. Hier wird bewusst irregeführt, um den Konsumenten mit der "Nachhaltigkeitsmasche" ein paar Euro mehr aus der Tasche zu ziehen.

Auf Hamburgs Nachhaltigkeitsmesse goodgoods standen Ende Mai im Ernährungsbereich diverse Anbieter, die den nachhaltigen Konsum zwar auf ihre Fahnen schrieben, bei konkreten Nachfragen aber dazu keine Belege liefern konnten.

Der Spagat bei dieser ersten Nachhaltigkeitsmesse, einerseits mit dem Anspruch zu informieren und andererseits ein wirtschaftlich tragbares Konzept mit möglichst vielen zahlungskräftigen Firmen auf die Beine zu stellen, ging in einigen Bereichen zulasten des Verbraucherschutzes. Regionale Anbieter oder konkrete CSR-Kriterien musste man mit der Lupe suchen. Bei den vielen falschen Angaben oder irreführenden Auslobungen auf dem Etikett oder bei kritischen Nachfragen bei den "Beratern" an den Messeständen merkte man sehr schnell, dass es für diese Messe zu wenig Vorgaben gab, die erfüllt werden mussten.

Das Problem ist: Verbraucher können das nicht auf den ersten Blick erkennen. Sie benötigen daher glaubwürdige, leicht zugängliche und leicht verständliche Informationen. Sie wünschen sich mehr Klarheit und Wahrheit und weniger Geschäftemacherei mit der Nachhaltigkeit.

Um nachhaltiges Verhalten alltagstauglicher zu machen, sollte dringend nachgebessert werden. Das "zweite Preisschild" muss transparenter werden, nur dann kann nachhaltiges Einkaufen auf Dauer gelingen.

Es wird eine zentrale Aufgabe aller beteiligten Akteure sein, den roten Faden durch den "Nachhaltigkeitsdschungel" zu spinnen. Aber es ist eine Aufgabe, die sich in jedem Fall lohnt, denn wir haben nur diese eine Welt.