“Wir müssen heute umdenken. Den Titel Umwelthauptstadt hat die Hansestadt nicht verdient.“

Seit 30 Jahren ist Hamburg die Heimat von Greenpeace Deutschland. Ein perfekter Standort für uns - weltoffen, politisch und über die Elbe mit dem Meer verbunden. Ein spannender und sturmerprobter Arbeitsplatz: Schon einige Male stand unser Greenpeace-Büro an der Großen Elbstraße im Hochwasser und war deshalb sogar nur noch mit dem Schlauchboot zu erreichen.

Häufige Wetterextreme sind ein Zeichen für Klimaveränderung. Und dass sich das Klima verändert, mit all seinen negativen Folgen, ist wissenschaftlich erwiesen. Greenpeace kämpft weltweit für den Klimaschutz. Auch Hamburg muss endlich seinen Beitrag leisten. Den Titel Umwelthauptstadt 2011 hat die Stadt nicht verdient.

Kürzlich brannte im Elbtunnel ein Getreide-Lkw aus. Als sich ein paar Greenpeacer nach einem langen Tag von der Arbeit aus auf den Heimweg machen wollten, mit der Buslinie 383, brodelte es. Der Bus kam nicht. Verstopfte Straßen bis in den späten Abend hinein, Autos überall, kein Durchkommen, Benzingestank und Kohlendioxid. Kann es wirklich sein, dass eine plötzlich geschlossene Röhre die gesamte Stadt ins Chaos stürzt?

Die Ursache liegt auf der Hand. Hamburg hat kein Verkehrskonzept, mit dem die Stadt erstens die Nerven der Einwohner schont und zweitens einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnte. Fußgänger und Radfahrer, die sauberen Verkehrsteilnehmer, werden an den Rand gedrängt. Der öffentliche Personennahverkehr ist offenbar nicht attraktiv genug.

Ökologisch und ökonomisch sinnvolle Werkzeuge des Verkehrsmanagements wie Parkraumbewirtschaftung und Citymaut werden in der Behörde nicht ernsthaft diskutiert. Der Verkehr trägt mit rund 20 Prozent zum Treibhauseffekt bei - Verbesserungen hier könnten helfen, Hamburgs CO2-Ausstoß zu senken. Ziele hat sich Hamburg aber natürlich gesetzt:

Bis 2020 soll der CO2-Ausstoß um 40 Prozent sinken, bis 2050 um 80 Prozent. Das hört sich erst einmal groß an, ist aber kein Paradebeispiel, denn das hat Deutschland insgesamt auch vor. Noch dazu hat Hamburg ein Riesenproblem: Der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg durch Vattenfall macht alle anderen Bemühungen um den Schutz des Klimas zunichte.

Wir von Greenpeace nennen ihn den klimapolitischen Sündenfall. Durch den Bau wird Hamburgs Klimabilanz ab 2012 mit 8,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr zusätzlich belastet. Zur Verdeutlichung: 2007 betrug der gemessene Pro-Kopf-Ausstoß jährlich 6,2 Tonnen CO2. Wenn das Kohlekraftwerk 2012 ans Netz geht, schnellen die CO2-Emissionen für jeden Hamburger auf zehn bis elf Tonnen in die Höhe. Das sind nicht 40 Prozent weniger, sondern mindestens 60 Prozent mehr. Die Stadt sollte den Titel Umwelthauptstadt einfach wieder ablegen.

Greenpeace gehört zu Hamburg. Von hier aus werden wir weiterarbeiten, Kampagnen führen, mahnen. Spätestens ab 2015 muss der CO2-Ausstoß sinken, damit wir den Klimawandel noch einigermaßen in Schach halten können. Das Aachener Institut EUtech hat für uns einen Plan erarbeitet, der zeigt, wie ein kompletter Ausstieg aus Atomkraft (!) und Kohle bis 2015 möglich ist, neue Arbeitsplätze entstehen und welche Maßnahmen zum Verkehr getroffen werden müssen.

Wir müssen heute umdenken - auch für Klimaschutz in unserer schönen Stadt Hamburg. Mit einem Kohlekraftwerk Moorburg geht das nicht.