Der NDR Chor und das Ensemble Resonanz verbinden Musik mit Kurzfilmen

Am Horizont taucht die Silhouette von Venedig auf. Mit einem Dampfschiff gleiten wir langsam in die Lagune der Stadt, die noch im Morgengrauen liegt. Dazu schleicht sich Musik ins Ohr: Ein sanftes Säuseln, als würden die Streicher ihre Saiten streicheln. Seufz.

In Luchino Viscontis Thomas-Mann-Adaption "Der Tod in Venedig" von 1971 spielt das Adagietto aus Mahlers Fünfter Sinfonie eine tragende Rolle. Das Stück wurde so nicht nur zu einer der bekanntesten Filmmusiken überhaupt, sondern auch zu einem beliebten Ohrwurm. Bei der klassischen Nacht der kurzen Filme ist es gleich in zwei verschiedenen Fassungen zu erleben: einmal im Original, mit Streichorchester, und einmal in einer Bearbeitung für Chor a cappella.

Ein ungewöhnliches Doppelpack an einem ungewöhnlichen Abend: Die rund dreistündige Veranstaltung - eine Kooperation von NDR Chor und Ensemble Resonanz mit dem Kurzfilmfest Hamburg - beschreitet neue Wege. Und zwar gleich auf mehreren Ebenen.

Das musikalische Programm ist als akustische Kamerafahrt durch verschiedene Stationen und Genres der Filmgeschichte angelegt: Der NDR Chor entführt seine Hörer mit Ligetis "Lux Aeterna" in die sphärische Klangwelt von Stanley Kubricks Science-Fiction-Meisterwerk "Space Odyssey" oder lässt beim Agnus Dei von Samuel Barber Szenen aus "Platoon" und dem "Elefantenmenschen" vor dem inneren Auge auftauchen. Und das Ensemble Resonanz spannt einen Bogen von Henzes Fantasia für Streicher ("Der junge Törless") bis zu Auszügen aus der Psycho-Suite von Bernard Herrmann. Sie wissen schon, die Musik, die manchmal wie Kreide auf der Tafel klingt und unsre Nackenhaare strammstehen lässt.

Zwischen den Stücken zeigt die KurzFilmAgentur Hamburg preisgekrönte Klassiker ihres Repertoires. Sie kreisen um das Thema "Fremde Länder, andere Sitten" und knüpfen zusammen mit den Filmmusiken ein vielschichtiges Netz aus Bildern und Assoziationen.

Als Wegbegleiter der Reise ist der Schauspieler und Moderator Peter Dirmeier dabei, der die Besucher auf den verschlungenen Pfaden des Programms immer wieder an die Hand nimmt.

Verlaufen soll sich ja keiner - aber Herumgehen ist schon erlaubt: Der Saal im Prototyp Automobilmuseum ist nur zur einen Hälfte bestuhlt und zur anderen mit Bistrotischen bestückt; im Untergeschoss lockt eine Lounge mit Catering zum Plausch zwischen den cineastisch-musikalischen Blöcken.

Klassische Nacht der kurzen Filme 16.6., 20 Uhr, Automuseum Prototyp in der HafenCity. Tickets unter T. 0180/178 79 80