Die Reihe “NDR das neue werk“ widmet den Komponisten György Ligeti und Márton Illés ein Doppelporträt

Kein Komponist dürfte jemals dem Bild des verrückten Wissenschaftlers so nahe gekommen sein wie György Ligeti. Das betraf nicht nur seine kauzige Erscheinung mit dem Stubbelhaar und den gemusterten Strickpullis. Der geniale Irrsinn ist vor allem zu hören.

Pierre-Laurent Aimard, der als einer der ersten Pianisten Ligetis Klanglabyrinthe durchquerte, berichtet, wie er zusammen mit Olivier Messiaen eine Probe zu Ligetis Klavierkonzert besuchte. "Es ist wunderbar mit Ligeti", habe Messiaen gesagt, "er nimmt ganz dumme Sachen, dumme Terzen, dumme Melodien, das ist doch unmöglich - und am Ende klingt es wieder so verrückt wie eben nur ein Ligeti-Stück."

Doch so chaotisch die Oberfläche von Ligetis Musik erscheint, ihr Urheber war ein streng analytisch denkender Mensch mit Liebe zur Naturwissenschaft und einem gewissen Hang zur Pedanterie. "Ich muss erst einen Bleistift spitzen, bevor ich mit dem Komponieren beginne", so Ligeti über Ligeti.

Die Liebe zu im Wortsinne ver-rückten Ordnungen und komplexen Systematiken, die in poetisches Chaos übergehen, verbindet Ligetis Musik mit der seines jungen ungarischen Landsmannes Márton Illés. Auch von dem 1975 in Budapest geborenen Komponisten kann man so wunderbar nüchterne Sätze lesen wie: "Ich komponiere zu Geschäftszeiten, Regelmäßigkeit bringt die beste Inspiration." Doch was aus dieser Regelmäßigkeit hervorgeht, ist von sinnenverwirrender Dichte. Sein Lehrer Wolfgang Rihm jedenfalls bescheinigte Illés "eine Musik, in der sich Kalkül und Risiko präzise ausbalanciert die Waage halten".

Die Reihe "NDR das neue Werk" widmet den beiden Ungarn im Mai ein Doppelporträt und holt dazu endlich einmal wieder Deutschlands führendes Neue-Musik-Ensemble in die Hansestadt. Das Frankfurter Ensemble Modern mit den Solisten Michael M. Kasper (Violoncello) und Ueli Wiget (Klavier) wird unter Leitung von Frank Ollu zwei Stücke aus Illés' vielteiligen Kammermusikzyklus Scene polidimensionali spielen: Scene polidimensionali IX "Szintek" (Ebenen) und Scene polidimensionali XVI "... Körök" (Kreise) sowie "Torso" III für großes Ensemble.

Von Ligeti stehen das Klavierkonzert und das Konzert für Violoncello und Orchester auf dem Programm.

Márton Illés & György Ligeti 24.5., 20 Uhr, Rolf-Liebermann-Studio, Karten unter T. 0180/178 79 80