Das Ernst Barlach Haus zeigt unbekannte Aquarelle des “Brücke“-Künstlers Karl Schmidt-Rottluff

Die Künstler der Gemeinschaft "Brücke" gelten als weithin erforscht und dokumentiert. Doch manchmal bieten Privatsammlungen neue Sichtweisen auf ihr Schaffen. 40 bislang unbekannte Arbeiten auf Papier des "Brücke"-Malers Karl Schmidt-Rottluff aus einer norddeutschen Privatsammlung sind nun bis zum 15. Mai im Ernst Barlach Haus zu sehen. Sie dokumentieren vor allem im Spätwerk die Vorliebe des Malers für das Aquarell. Und verdeutlichen, dass es eine grobe Verkürzung darstellt, den Künstler stets auf den Zeitraum der frühen, acht Jahre währenden "Brücke"-Mitgliedschaft zu verengen.

Im Aquarell entdeckte Schmidt-Rottluff das ideale Medium einer spontanen, großzügigen und farbenfrohen Malerei. 1909 gilt gar als das "Aquarelljahr" im Schaffen des Expressionisten. Zu der Zeit malte er kaum Ölgemälde, dafür entstanden zahlreiche Werke mit Wasserfarben. Bis in die späten 60er-Jahre hinein entwickelte Schmidt-Rottluff kraftvolle Kompositionen, zumeist Stillleben und Landschaftsbilder. Ausdruck seiner Liebe zur ruhigen Abgeschiedenheit und zu unberührten Landschaftsräumen der Nord- und Ostsee, aber auch zu geschätzten Reisezielen wie Taunus oder Tessin.

Die Ausstellung setzt mit dem Frühwerk "Ziegelei in Dangast" (1909) ein und schlägt einen Bogen bis zu Meisterblättern der 30er- bis 60er-Jahre. Ab 1932 lebte Schmidt-Roffluff überwiegend in Rumbke am Lebasee (Hinterpommern). Hier entstanden 1939 etwa "Wald hinter Dünen" oder "Moorlandschaft im Nebel". In den "Schwarzblätter" genannten Tuschzeichnungen lasen Kunsthistoriker häufig eine gedrückte Stimmung angesichts der inneren Emigration des Künstlers, der 1937 von den Nationalsozialisten als "entartet" diffamiert wurde. Mehr als 600 seiner Werke wurden seinerzeit in den Museen beschlagnahmt.

In "Dünenlandschaft" (1938) senken sich die Schatten über den Erhebungen, der Sand wirkt fast grünlich, das Meer strahlt violett. Die so stille Landschaft erhält durch die Farbgebung etwas Aufgewühltes. Im "Julimorgen" (1963) spürt man förmlich die Hitze in den leuchtenden Farben, die der 79-jährige Künstler wählte. Sein Pinselstrich wirkt vital und aktiv, fast befreit. Der Maler spielt mit den verlaufenden Farben auf dem grobkörnigen Papier und setzt auf Komplementärkontraste. Spuren von van Gogh, Gauguin oder den Fauves sind zu erkennen.

1884 bei Chemnitz geboren, lernte Karl Schmidt-Rottluff 1902 Erich Heckel kennen. 1905 nahm er ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Dresden auf. Hier begegnete er auch den Studienkollegen Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner. 1905 schlossen sie sich zur Künstlergruppe "Brücke" zusammen. Schmidt-Rottluff galt als scheuer Mensch, der den Rückzug suchte. Das machte ihn zu einem Einzelgänger innerhalb der "Brücke": Wichtig für das Fortkommen des Künstlers wurde die Hamburger Kunsthistorikerin Rosa Schapire. Infolge seines Umzuges nach Berlin 1911 fanden Elemente des Kubismus, Futurismus und auch afrikanischer Stammeskunst Eingang in seine Arbeit. Nach der Auflösung der "Brücke" 1913 entwickelte Schmidt-Rottluff zunehmend monumentale Formen. 1976 starb der Künstler in Berlin. Die Ausstellung runden bedeutende druckgrafische Blätter ab.

Karl Schmidt-Rottluff. Unbekannte Blätter aus einer Privatsammlung bis 15.5., Ernst Barlach Haus, Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, Di-So 11.00-18.00, Kuratorenführungen am 15.3. und 10.5., jeweils 18.00