Der Beruf des Augenoptikers hat viele Facetten - Kunden beraten, Brillen anfertigen und Gestelle reparieren gehören dazu

"Manchmal sehe ich einen Kunden und habe sofort die perfekte Brille für ihn vor Augen, aber das ist eine Ausnahme", erzählt Christin Wahliß. Die junge Frau macht eine Ausbildung zur Augenoptikerin bei Fielmann in der Mönckebergstraße. Hier ist die Auswahl an Brillen-Modellen riesengroß. 22 000 Fassungen stehen zur Auswahl, damit könnte problemlos eine Kleinstadt versorgt werden. Die Herausforderung: Für jeden Kunden die individuell passende Brille zu finden.

Die normale Herangehensweise sei dabei ein langsames Herantasten, erklärt Christin, die im zweiten Ausbildungsjahr ist. "Um was für eine Brille geht es, soll sie ganztägig getragen werden oder nur zum Lesen?" Wünscht sich der Kunde einen Hingucker oder ein eher unauffälliges Modell? "Und natürlich müssen die technischen Daten abgefragt werden, die beispielsweise die Dicke des Glases bestimmen", weiß Christin. Sind die Rahmendaten geklärt, "geht es ans Ausprobieren."

Bevor sich die 20-Jährige für ihren Beruf entschied, dachte sie, Augenoptiker seien in der Hauptsache mit Kundenberatung beschäftigt. Doch das ist nur eine der vielfältigen Aufgaben in diesem Beruf. Der Augenoptiker muss auch etwas von seinem Handwerk verstehen. "Tatsächlich überwiegt in der Ausbildung der handwerkliche Anteil", stellte Christin bald fest. So werden in der Werkstatt regelmäßig Brillen angefertigt oder repariert.

"Handwerkliches Know-how fließt aber auch in die Kundenberatung ein. Wir müssen zum Beispiel wissen, in welche Fassung welche Gläser passen - oder eben nicht", erklärt Christin.

Max Wiegert ging es ähnlich. Auch ihm war der handwerkliche Schwerpunkt zunächst nicht bewusst. "Ich war mir am Anfang auch gar nicht so sicher, ob mir das Feinmotorische liegt", berichtet er. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass er ein Händchen dafür hat. Der 22-Jährige ist im dritten Ausbildungsjahr, seine Gesellenprüfung ist nicht mehr weit. "Anschließend möchte ich Berufserfahrung sammeln und dann meinen Meister machen."

Wer den Meister in der Tasche hat, kann sich als nächsten Schritt um eine Niederlassungsleitung bemühen. "Die 655 Fielmann-Niederlassungen wollen geführt werden", weiß Personaldirektor Dr. Wolf-Bertram von Bismarck. Er betont die Attraktivität seiner Branche: "Der Beruf des Augenoptikers ist facettenreich. Wenn er die Sehschärfe bestimmt, übernimmt er eine Aufgabe, die man in Deutschland überwiegend noch dem Augenarzt zuschreibt. Bei der Fassungs- und Glasauswahl ist der Augenoptiker der Berater für Brillenmode und gutes Sehen. In seiner Werkstatt arbeitet er als Handwerker." Auch die Karrieremöglichkeiten seien vielfältig: "Es gibt bei uns unterschiedliche Optionen im Vertrieb, in der Produktion oder in der Zentrale. Und unsere Azubis können die Kollektion mitgestalten und so auch zu Designern werden."

Solche Karrierechancen wirken. So hatte Max zunächst ein Schulpraktikum bei einem kleinen Optikerbetrieb absolviert, um erste Erfahrungen zu sammeln. "Aber hätte der mich nach meiner Ausbildung übernehmen können?", hatte er sich hinterher gefragt. Beim Marktführer stehen seine Chancen da wesentlich besser: "Wir übernehmen unsere Auszubildenden", bestätigt Wolf-Bertram von Bismarck. Und er verweist auch auf die Qualität der Ausbildung: "Seit Jahren stellen wir bei den Gehilfenprüfungen 70 bis 90 Prozent der Landessieger in Deutschland."

An Ausbildungsbewerbern mangelt es nicht. Mehr als 10 000 Bewerbungen erhält das Unternehmen jedes Jahr. Über 3000 Kandidaten werden zum Einstellungstest gebeten. Gute Kenntnisse in Mathematik, Physik und Deutsch sind erste Auswahlkriterien. Daneben sind vor allem eine ausgeprägte Dienstleistungsbereitschaft und gute Umgangsformen gefragt.

"Augenoptiker arbeiten eng am Kunden und die sollen sich bei uns wohl- und umsorgt fühlen", betont Wolf-Bertram von Bismarck. Sensibilität, Gespür für den Kunden sowie Trendbewusstsein seien somit Aspekte, auf die der Personaldirektor im Bewerbungsverfahren achtet. "Im Bewerbungstest geben wir den Bewerbern darum auch schlicht Brillen in die Hand, wir möchten sehen, wie sie mit Formen und Materialien umgehen", erklärt er. Den Umgang mit verschiedenen Materialien, wie Metall und Kunststoff oder Nylor (hier wird das Brillenglas durch einen Faden gehalten) schätzt Christin an ihrem Beruf ebenfalls. "Mein Favorit ist Acetat, ein Kunststoff aus dem sich außergewöhnliche Brillen mit großem Tragekomfort fertigen lassen", erzählt die Auszubildende. So eine Brille baut sie gerade und bestimmt dabei den gesamten Fertigungsprozess: Von der Zeichnung, die Form und Maße umfasst, bis zur Laubsägearbeit und dem abschließenden Raspeln. Und schließlich steht sie an der computergestützten Maschine, an der die Gläser exakt geschliffen werden.

Das Schleifen hat jeder Auszubildende zuvor in Handarbeit gelernt. Mit der sogenannten Bröckelzange in der Hand wird das Glas bearbeitet bis die markierte Grundform erreicht ist. Dann geht es zum Schleifstein und schließlich halten die Auszubildenden perfekt geformte Brillengläser in der Hand, die dann in die entsprechende Fassung eingesetzt werden. "Jeder Augenoptiker kann bei uns eine Brille in Handarbeit fertigen", betont Wolf-Bertram von Bismarck.