Kristjan Järvi und das NDR Sinfonieorchester auf Kampnagel

Wer ihn dirigieren sieht, kann sich schon mal um drei Jahrzehnte zurückversetzt fühlen: Der Este und Wahlamerikaner Kristjan Järvi sieht nicht nur aus wie "Grease"-Teenietraum John Travolta zu seinen besten Zeiten, er dirigiert auch noch aus der Hüfte heraus. Vor einem Jahr feierten Järvi und das NDR Sinfonieorchester auf Kampnagel eine glühende und ziemlich lange "Nacht der Mayas", jetzt kehrt Järvi für eine "Bernstein Night" zurück an den Ort des Geschehens.

Der legendäre Lennie ist ein Fixstern in Järvis eigenwilligem musikalischen Universum, in dem Haydn-Sinfonien ebenso Platz haben wie Hommagen an den Keyboarder Joe Zawinul, Claude Debussy ebenso wie Jimi Hendrix. Prägende Jahre hat Järvi in New York zugebracht. Von dort aus hat er mit seinem fulminanten "Absolute Ensemble", einer Truppe hochkarätiger Instrumentalisten ohne Berührungsängste, die Grenzen zwischen "E" und "U" geschleift - und das Fluidum eingeatmet, das Bernstein in seinen Musicals einfängt: die Atmosphäre einer Stadt, die nicht nur niemals schläft, sondern die Welt im Allgemeinen und die amerikanische Geschichte im Besonderen abbildet wie keine zweite.

Auf dem Programm steht, wie könnte es anders sein, neben der Ouvertüre zu seiner komischen Operette "Candide" Musik aus den Musicals "On The Town" und "West Side Story", deren Groove und Einfallsreichtum Bernstein noch im letzten westdeutschen Provinzkaff zum Inbegriff amerikanischer Musik gemacht haben.

So unterhaltsam seine Sujets daherkommen, so tanzbar und leichtfüßig seine Melodien - Bernstein ist nie platt. Welche Rolle Religion für ihn spielte, zeigt schon die schiere Zahl seiner religiös motivierten Werke. Die "MASS", aus der "Three Meditations" erklingen werden, basiert auf einer römisch-katholischen Liturgie. Bernstein selbst war zwar Jude. Aber um Schubladen hat er sich so wenig gekümmert wie Järvi.

Bernstein Night 5.2., 20 Uhr, Kampnagel. Karten unter T. 0180/178 79 80 und www.ndrticketshop.de