Das Stadion des HSV gehört zu den schönsten Arenen in Europa. In dieser Bundesliga-Saison wird die Zehn-Millionen-Zuschauergrenze überschritten, die Stimmung von der Nordtribüne ist sogar durch die Stadionordnung geschützt

Hamburg. Am Anfang war es nur eine Vision. Als der damalige HSV-Präsident Rolf Mares im Herbst 1998 während der Bauphase des neuen Stadions im Volkspark bei einer Pressekonferenz erläuterte, er träume bei einer fertiggestellten Arena in naher Zukunft von 40 000 bis 50 000 verkauften Dauerkarten, erntete er ungläubiges Kopfschütteln. Was für ein realitätsfremder Träumer!

Die Zweifel waren berechtigt, schließlich war der "gemeine" Hamburger nicht dafür bekannt, seinem HSV die Treue zu halten - ganz egal, wie erfolgreich der Klub gerade war. In der letzten Meisterschaftssaison des HSV 1982/83 strömten gerade mal 28 500 Zuschauer durchschnittlich zu den Spielen. Und von da an ging es bergab. In der ersten Saison nach dem Ende der Ernst-Happel-Ära (1987/88) kamen nur noch 16 000 Zuschauer. Kein Komfort, keine Stimmung, keine sportlichen Erfolge - auch in den 90er-Jahren stagnierten die Zahlen auf niedrigem Niveau. Selbst in der letzten Saison im alten Volksparkstadion 1997/98, bevor am 2. Juni 1998 die Bagger anrollten und der HSV unter Trainer Frank Pagelsdorf nur knapp dem Abstieg entging, unterstützten im Schnitt nur 33 000 Fans ihre Mannschaft von den Rängen.

Und heute? Könnte der 2002 verstorbene Kulturschaffende Mares die Entwicklung mit ansehen, würde er wohl sein verschmitztes Lächeln aufsetzen. Der Star des HSV ist das trotz der während des Baus entstandenen Mehrkosten mit 100 Millionen Euro vergleichsweise günstig gebaute Stadion. Wer und was dazu beiträgt, dass in Hamburg ein echter Fußballtempel entstand, zeigen diese Zahlen und Fakten.

1. Der Zuschauerboom. Insgesamt 9 715 939 Zuschauer konnte der HSV in den 195 Bundesligaspielen seit August 1999 zählen, die Auslastung stieg auf rund 95 Prozent. Noch in dieser Rückrunde wird die Zehn-Millionen-Grenze überschritten werden. Der Verkauf der Dauerkarten wurde in dieser Saison bei der Marke von 32 000 gestoppt, um noch genügend Plätze für den Einzelverkauf zur Verfügung zu haben.

47 000 Sitz- und 10 000 Stehplätze stehen in der Arena zur Verfügung. Der Anteil der VIP-Plätze, der 1999 bei 1280 lag (900 Business-Sitze, 380 Sport-Seats) und später bei 1750 lag, wurde durch den Ausbau des VIP-Bereichs in der Westtribüne auf maximal 4400 gesteigert. Die jährliche Einnahme alleine durch diese zahlungskräftigen Kunden: 55 Millionen Euro.

2. Die Preisentwicklung. 1999 gab es die Stehplatz-Dauerkarte noch für umgerechnet 115 Euro, die billigeren Sitzplätze für 17 Spiele (Nord- und Sitztribüne) kosteten 270 Euro. Elf Jahre später kostet eine nicht ermäßigte Stehplatzkarte im Norden 188 Euro, Sitzplätze hinter den Toren zwischen 236 und 359 Euro. Wer im Osten oder Westen sitzen möchte, zahlt bis 727 Euro pro Saison.

3. Fußball deluxe. Die teuersten Sitzplätze auf der Osttribüne (Business-Bereich) waren 1999 für die vergleichsweise bescheidene Summe von 2425 Euro oder 2075 Euro zu haben, die Preise für die 50 Logen lagen zwischen 49 500 und 99 500 Euro. Heute sind bis zu 7500 (plus Mehrwertsteuer und Produktionskosten) für den Zugang zur Platin Lounge zu zahlen. Etwas günstiger sind Club Seats (7000 Euro), Business-Sitze (5500 Euro) und die Plätze in der Dannemann Lounge (3600 bzw. 4500 Euro). Logen kosten heute bis zu 255 000 Euro (plus Mehrwertsteuer).

4. Das Grün. Chef-Greenkeeper Hermann Schulz kümmert sich um die 8650 Quadratmeter große Rasenfläche im Stadion. Das Spielfeld misst 105 x 68 Meter. Bei Bundesligaspielen liegt der Richtwert der Rasenhöhe bei 2,8 Zentimetern, bei internationalen Spielen sind es 2,3 Zentimeter. Unter der Spielfläche verlaufen 36 Kilometer Schlauchmaterial der Rasenheizung. Läuft diese auf vollen Touren, werden 1000 Euro Stromkosten pro Tag fällig.

5. Die Gastronomie. Bis zu 1200 Mitarbeiter von Caterer Aramark sind bei einem Heimspiel im Einsatz. In der Arena befinden sich 28 Kioske und 50 mobile Einheiten. Außerdem gibt es 150 "Hawker", damit sind Straßenhändler gemeint, die mit Bier, Glühwein oder Brezeln unterwegs sind. In einer Saison werden 500 000 Wurstwaren und 300 000 Liter Bier von den Zuschauern vertilgt. Im VIP-Bereich (Ost- und Westtribüne) werden 175 Tonnen Speisen verarbeitet.

6. Erlebniswelt HSV. Längst ist die HSV-Arena mehr als nur ein Stadion. In der 2007 eröffneten Rautenwelt in der Nordost-Ecke finden sich Restaurant, Arena-Store sowie Service- und Ticketcenter. Für 130 Euro richtet der HSV einen Kindergeburtstag für bis zu acht Personen aus, 18,87 Euro sind bei Feiern pro Erwachsenen fällig. Wer mehr Platz benötigt, kann auch die Arena mieten. Je nach Aufwand liegt die Miete bei rund 150 000 Euro.

7. Der Heimfaktor. Laut Paragraf 6 der Arenaordnung ist es in den Blöcken 22 bis 28 der Nordtribüne, die als "Heimbereich der Imtech-Arena" bezeichnet werden, verboten, dort Farben der Gastmannschaft zu tragen, sich verbal zu äußern oder provozierend zu verhalten in einer Weise, die zu Auseinandersetzungen mit den die Heimmannschaft unterstützenden Zuschauern führen kann. Der Ordnungsdienst ist angewiesen und berechtigt, Zuschauer, die gegen die vorgenannten Verbote verstoßen, aus diesem Bereich zu entfernen, wobei ihnen allerdings, soweit dies im Einzelfall möglich ist, ein anderer geeigneter Platz in der Imtech-Arena zugewiesen werden soll.

8. Die Form. Architekt Manfred O. Steuerwald entwarf die harmonische Form des Stadions, indem er den Grundriss als langgestreckte Ellipse anlegte, wodurch kein Tribünenteil gerade ist. Im Bauwerk sind 7000 Tonnen Stahl verbaut, das Seiltragewerk an den 65 Meter hohen Pylonen ist 460 Tonnen schwer, die Seile sind 17,2 Kilometer lang. Die Dachmembranen aus Polyesterfasergewebe haben eine Gesamtfläche von 35 000 Quadratmetern. Die Grundfläche des Stadions beträgt 50 000 Quadratmeter, der umbaute Raum 200 000 Kubikmeter. Rund 10 000 Parkplätze stehen zur Verfügung. Im Januar 2004 wurde die HSV-Arena vom Welt-Fußballverband Fifa offiziell zum 5-Sterne-Stadion ernannt, eine Auszeichnung für die besten Arenen des Kontinents.

9. Das Museum. Das HSV-Museum wurde im Februar 2004 eröffnet. Der Verein dokumentiert hier auf 700 Quadratmetern seine Geschichte - nicht nur die großen Erfolge, sondern auch persönliche Geschichten und Schicksale der Sportler, Mitglieder und Fans. Das Museum wird durch jährliche Sonderausstellungen und Ergänzungen ständig weiterentwickelt. Mit 38 000 Besuchern pro Jahr wurde bei der Eröffnung kalkuliert, in der vergangenen Saison kamen 62 000. Die Preise liegen zwischen 4 (ermäßigt) und 10 Euro (Kombi-Ticket inkl. Stadionführung).