Effektivität und die Heimspiele entscheiden über den Klassenerhalt des FC St. Pauli

Das Ziel war bereits definiert, da hatte die Saison noch gar nicht begonnen. Doch der famose Start ließ zumindest einige kühne Optimisten im Umfeld glauben, die 13 Punkte aus den ersten acht Spielen könnten am Ende gar noch für die Qualifikation zu internationalen Spielen benötigt werden. Ein kurzer Traum. Der triste Herbst mit Niederlagen in Serie schärfte allen wieder die Sinne für das Wesentliche: den Klassenerhalt.

17 Spiele, 17 Punkte. Zu Beginn der zweiten Halbzeit liegt der FC St. Pauli im Soll, aber eben auch nur noch zwei Zähler vor dem 1. FC Köln auf Rang 16, einem Platz, der am Ende den Abstieg bedeuten könnte. Auf die Hamburger warten 17 weitere Partien, in denen der knappe Vorsprung verteidigt werden muss. "Wir werden jetzt eine mindestens genauso gute Halbserie hinzulegen haben", weiß nicht nur Mannschaftskapitän Fabio Morena.

Gestützt wird seine Einschätzung von der Statistik. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel im Jahr 1995 genügten lediglich in den beiden vergangenen Spielzeiten weniger als 34 Zähler zu Platz 15, durchschnittlich wurden 36,27 Punkte benötigt, maximal waren es 40 Zähler, womit das Ziel auch als Wert definiert ist: 23 Punkte sollen es von Januar bis Mai idealerweise sein.

Eine Vorgabe, über deren Erfüllung vermutlich schon in den ersten fünf Heimspielen entschieden wird. Mit Freiburg, Mönchengladbach und Hannover kommen Gegner, die in der Hinrunde bereits auswärts besiegt wurden, Köln und Stuttgart sind wie die Borussia direkte Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg. Der Weg zum Klassenerhalt führt direkt über das Millerntor.

So weit die Theorie, die im Rückrundenfahrplan unten auf dieser Seite individuell durchgespielt werden kann. In der Praxis ist die Sache viel einfacher - oder eben auch nicht. Über St. Paulis Klassenerhalt wird im gegnerischen Strafraum entschieden. In der Hinrunde gelangen nur 16 erfolgreiche Abschlüsse. Mit Ausnahme des Aufsteigers hat kein Team der unteren Tabellenhälfte weniger Tore als Spiele und auch als Punkte auf dem Konto. Marius Ebbers, in fast allen seiner 17 Einsätze als einzige Sturmspitze aufgeboten, brachte es nur zu zwei Treffern. Ein Vakuum, das kein Teamkollege füllen konnte.

Neuzugang Gerald Asamoah trat in zweiter Reihe eher als Ballverteiler und Garant für Freistöße auf, leistet sich bei aller Cleverness aber zu viele Ballverluste und ist als laufschwacher Wühler eine Fehlbesetzung für diese Rolle. Nachwuchsmann Richard Sukuta-Pasu fiel nach seinem fulminanten Joker-Start mit zwei Vorlagen und einem Treffer am 1. Spieltag zunächst leistungsmäßig ab und dann verletzungsbedingt aus. Rouwen Hennings und Max Kruse wiesen zwar den nötigen Zug zum Tor nach, ließen es aber wie Fin Bartels, Florian Bruns und alle anderen an der nötigen Effektivität vermissen. Zum Rückrundenauftakt am Sonnabend wartet die neun Profis umfassende Abteilung Attacke seit einem Vierteljahr und zehn Spieltagen auf ein Tor! Das letzte gelang Bruns am 15. Oktober 2010 beim 3:2 gegen Nürnberg. Eine Frage des Systems, das zugunsten einer zweiten Sturmspitze modifiziert werden könnte? Oder ein Problem mit System, da es schlichtweg an der nötigen Qualität für die Bundesliga fehlt?

Zumindest Letzteres würde von den Verantwortlichen in Kauf genommen, auf personelle Nachbesserungen wurde bewusst verzichtet. Das ganz große Ziel geht über die Kurzfristigkeit dieser Saison hinaus. "Top 25" lautet das Motto. Und das schließt einen Abstieg mit ein. Es wird spannend, aber auch wenn Sportchef Helmut Schulte von einem Kampf ums Überleben spricht (siehe Interview auf Seite 7), nicht lebensbedrohlich.