Der Präsident der HafenCity-Universität Walter Pelka über kantige Häuser, wärmespeichernde Betonkerne und höhere Deiche

Seit drei Monaten ist er in seinem neuen Amt. Mit dem Abendblatt spricht Walter Pelka, Präsident der HafenCity-Universität (HCU), über Klimaschutz und die Aufgaben der neuen Umwelthauptstadt.

Abendblatt:

Herr Pelka, draußen ist es frostig - wie viel Grad sind es jetzt im Winter bei Ihnen zu Hause?

Walter Pelka:

So um die 20 Grad.

Reicht das?

Pelka:

Das reicht. Na ja, das Badezimmer ist ein bisschen wärmer morgens.

Aber sonst drehen Sie die Heizung nicht so gerne auf.

Pelka:

Ich wohne in einem Einfamilienhaus aus den 70er-Jahren, und das ist nicht gut isoliert. Weder das Dach, noch die Wände. Deshalb plane ich gerade eine thermische Sanierung.

Sie tun also selbst gerade etwas für den Klimaschutz. Was muss Ihrer Meinung nach Hamburg als Umwelthauptstadt alles tun?

Pelka:

Städte CO2-neutral zu bekommen ist sehr, sehr schwierig. Diesen Ansatz gibt es ja gerade in Wilhelmsburg bis 2050. So etwas geht, aber das muss man erst einmal an ein paar Pilotprojekten zeigen. So lange die erneuerbaren Energien nicht billiger sind, wird sich das zumindest finanziell nicht lohnen. Die größte Energieerzeugungsmaßnahme ist deshalb eigentlich die Energieeinsparung.

Da sind aber die Hamburger gefragt. Werden die denn wirklich etwas tun? Und wird sich das überhaupt jeder leisten können?

Pelka:

Da habe ich eine ganz lästerliche Meinung zu: Das wird sich über den Preis von selbst regeln. Über die natürliche Entwicklung der Kosten für unsere Ressourcen werden wir beim CO2-Ausstoß mehr erreichen als über alle dirigistischen Maßnahmen. Deshalb mache ich auch mein Häuschen jetzt. (lacht) Wenn man später seine Rente bezieht, ist man sicher für jeden Zentimeter Wärmedämmung dankbar.

Wie schaffen wir das, Hamburg richtig zu dämmen?

Pelka:

Das ist die Frage. Wir wollen ja alle nicht in einer Welt von Thermohaut leben und alle Fassaden mit Isolierung verpacken. Bei meinem kleinen Einfamilienhaus geht das und sieht sogar gut aus, das ist eh eine weiße, rechteckige Kiste. Doch wir müssen die Häuser thermisch sanieren, ohne unsere Städte zu verschandeln.

Ja, was ist zum Beispiel mit den ganzen schönen Schumacher-Bauten?

Pelka:

Da haben wir natürlich ein Problem. Gut, die kann man zunächst dreifach verglasen. Aber man darf nicht in wilden Aktionismus verfallen, sondern muss gucken, wo man mit begrenzten Mitteln ansetzt, ohne in Einheitsbrei zu versinken.

Aber was heißt das für Neubauten? Bekommen wir bald ein monotones Stadtbild mit lauter rechteckigen, gut isolierten Kisten?

Pelka:

Nein, wenn man neu baut, kann man die Fassade ja gestalten, wie man möchte. Man hat die tragende Konstruktion, dann die Wärmedämmung, und nach außen können Sie im Grunde gestalten, wie Sie wollen. Die alten Häuser mit den schönen Fassaden sind das Problem.

In der HafenCity konnte man ja alles neu machen. Inwieweit ist sie klimatechnisch ein städtebauliches Vorbild?

Pelka:

Das ist sie zweifellos. Zunächst genügen die Häuser den neuen gesetzlichen Vorschriften oder gehen sogar darüber weit hinaus. Es wurden von vorneherein eine Verdichtung der Bebauung geplant und kompakte Baukörper hergestellt. Klar, es gab etwa die Kritik mit dem Würfelhusten. Aber ein Würfel ist energetisch nun mal das beste Verhältnis zwischen Volumen und Oberfläche. Bei einer Kugel ist das noch besser, aber da kann man die Möbel so schlecht reinstellen. Von daher ist ein Würfel eigentlich eine sehr gute Lösung.

Also landen wir doch beim monotonen Stadtbild - zwar nicht von der Fassade her, aber von der Form.

Pelka:

Ein Baukörper, der energetisch optimiert sein soll, muss kompakt sein, nach Norden weniger offen, nach Süden Glasfenster haben. Was an der Architektur zu Beginn falsch gemacht wird, kann man nur durch großen technischen Aufwand wiedergutmachen.

Also Funktionalität vor Ästhetik?

Pelka:

Nein, überhaupt nicht. Gucken Sie unseren geplanten Neubau am Magdeburger Hafen an. Der wird hübsche Balkone haben, die aber nicht nur für die Pausen der Studenten sind, sondern einen Klimaschutz-Effekt haben. Im Sommer, wenn die Sonne sehr steil steht, spenden sie Schatten, im Winter lassen sie die niedrig stehende Sonne in die Räume. Dass das durchaus gestalterisch gelingen kann, zeigt unser neues Gebäude.

Sieht für Sie so auch das Haus der Zukunft aus, wie Ihr Neubau?

Pelka:

Noch nicht ganz. Ursprünglich hatten wir ja mal geplant, bei diesem Haus das technisch Machbare zu verwirklichen. Im Grunde ist aber alles technisch machbar, es ist nur noch nicht bezahlbar.

Was sind die größten klimatechnischen Raffinessen, die bezahlbar sind?

Pelka:

Das Haus hat einen Betonkern, den man thermisch aktivieren kann. Wenn die Sonne reinscheint, nimmt der Kern die Wärme auf, abends strahlt er sie angenehm aus. Wenn man die Fenster aufmacht, schaltet sich die Heizung automatisch ab. Das Licht ist über Bewegungsmelder geregelt.

Es ist also schon das Haus der Zukunft, aber nicht der fernen Zukunft. Was hätte ein solches Haus noch?

Pelka:

Zum Beispiel Fotovoltaik, diese Technik muss noch viel preiswerter werden. Solarthermie oder Erdwärme könnte man nutzen, wenn man keinen Fernwärmeanschluss hat. Die Aktivierung von Decken und Betonkörpern kann noch ausgeweitet, die Regen- und Abwassernutzung verbessert werden.

Welches Gebäude ist in Hamburg denn klimapolitisch die größte Bausünde?

Pelka:

Das ist nicht so leicht zu sagen. Aber nehmen wir mal jedes Eisstadion. Oder Sportstätten generell. Aber wollen wir da wirklich drauf verzichten?

Abgesehen von Gebäuden, was ist klimabedingt die größte Herausforderung für Hamburg?

Pelka:

Wir werden um konstruktive Maßnahmen nicht herumkommen.

Was heißt das?

Pelka:

Wie wir in Cancún gesehen haben, ist es nicht einfach, den CO2-Ausstoß zu begrenzen. Ich glaube, die Temperaturen werden steigen, die Meeresspiegel damit auch, und für uns heißt das, dass wir uns städteplanerisch darauf einstellen und vielleicht irgendwann auch die Deiche erhöhen müssen.