An was glauben Sie? Kinder zu stärken, ihnen Selbstvertrauen zu geben, darin sieht Rolf Zuckowski seine Lebensaufgabe. Die innere Ruhe und Kraft dafür gibt dem Musiker der Glaube an Gott

Der Wind hat es heute eilig. Mit Stärke fünf bläst er über die Elbe an den Anleger von Teufelsbrück. Rolf Zuckowski schaut über das Wasser, streicht sich die Haare aus der Stirn, lacht. "Ich sehe unmöglich aus, wenn ich so zerzaust bin", sagt er. "Aber im Grunde liebe ich den Wind. Und wenn er von vorn kommt, ganz besonders." Rolf Zuckowski, der Musiker und Komponist von Kinderliedern wie "In der Weihnachtsbäckerei" oder "Wie schön, dass du geboren bist", mag die Herausforderung und die Naturgewalten. Wir treffen den 63-Jährigen im Café Engel. Nicht weit von hier, in einer Villa mit Blick auf die Elbe, ist er mit seiner Frau Monika zu Hause. Vom Wohnzimmerfenster aus kann er die großen Pötte vorbeischwimmen sehen. Dann denkt er manchmal an seinen Vater. Der war Seemann - und kam, so glaubt Zuckowski, "nie richtig bei sich an". Sein Vater habe in der Kindheit keine Anerkennung erfahren und deshalb als Erwachsener zu wenig Selbstvertrauen gehabt. Daran sei er letztendlich zerbrochen. Er nahm sich mit 61 Jahren das Leben.

Zuckowski bezeichnet das Schicksal seines Vaters als den "Schlüssel" für viele seiner Liedertexte. "In meinen Liedern versuche ich, den Menschen Mut zu machen. Man muss ihnen zeigen, dass man ihnen etwas zutraut." Er selber habe das in seiner Kindheit erfahren. Dieses "Gebrauchtwerden", das Gefühl, dass es ohne ihn nicht geht, habe ihm Verantwortungsgefühl und auch Selbstbewusstsein gegeben. Vom Wäschewaschen bis Kohleholen wurden die Kinder von der Mutter mit in den Alltag einbezogen. "Ich fand das gut", sagt Zuckowski im Rückblick. Auch wenn der Vater nicht oft da war, fühlte sich Rolf Zuckowski von seinen Eltern und Großeltern geborgen und geliebt. "Wir waren nicht sehr wohlhabend, hatten vieles nicht, was andere hatten. Aber es hat meine drei Geschwister und mich nicht schwächer gemacht, sondern stärker." Zu seinen schönsten Erinnerungen gehört, wenn der Vater zu Weihnachten von seinen Seereisen nach Hause kam, im Gepäck Geschenke aus fernen Kontinenten.

Als Zuckowski 14 war, brachte der Vater eine Gitarre mit. Zuckowski wurde wenig später in die Schulband "The Beathovens" der Albrecht-Thaer-Schule aufgenommen. Schnell war klar: Er wollte Musik machen. Weil Musik Nähe schafft. Berührt. Dennoch studierte er zunächst Betriebswirtschaftslehre, was Handfestes, falls es mit der Musikerkarriere nicht klappt, und komponierte nur Lieder für seine Tochter Anuschka. Er sang sie gemeinsam mit Kindern im Kinderhaus Iserbrook-Sülldorf. Seine Art, Musik zu machen, kam an.

Kurz vor der Geburt seines Sohnes Alexander 1974 zog sich Zuckowski für ein paar Wochen auf seine Lieblingsinsel Sylt zurück. Dort schrieb er die Musik zu den Vogelhochzeit-Bildern seines Freundes Peter Meetz. Mit dem Singspiel "Vogelhochzeit" baute er - sagt er - im Kopf das Nest für die Familie und legte den Grundstein für seine Karriere.

Auf Sylt lernte er aber auch Traugott Giesen kennen. Der war zu dieser Zeit Pastor in der Keitumer Kirche St. Severin. Zuckowski und er fanden sofort eine Ebene. "Traugott Giesen hat mich an den christlichen Glauben herangeführt", sagt Rolf Zuckowski. "Bis dahin hatte ich mit der Kirche wenig im Sinn." Er sei zwar mit christlichen Werten erzogen worden, doch spielte die Kirche keine besondere Rolle im Elternhaus. Der Sylter Pastor hat da offenbar ganz neue Saiten bei dem Liedermacher berührt, ihm sein Buch geschenkt mit dem Titel "Gott liebt dich und braucht dich", das Zuckowski bis heute begleitet. "Ich schätze seine Klarheit der Sprache zwischen großen christlichen Botschaften und handfesten Lebensregeln." Der Musiker versteht die Botschaft des Buchtitels so: "Wenn du die Schöpfung wertvoll findest und den ständigen Wandel erkennst und glaubst, dass dies alles gestaltet ist, dann musst du dazu beitragen, dass das Werk gut wird."

Was ihm der Glaube bringt? "Innere Ruhe", sagt er. "Ich glaube über das Danken, weil ich immer etwas finde, für das ich Danke sagen möchte". Das gebe ihm Stärke auch in schwierigen Zeiten. "Denn dann weiß ich, es wird ganz sicher wieder etwas kommen, wofür ich danken kann." Inzwischen ist er in seiner Blankeneser Kirchengemeinde engagiert, hat sogar schon in den Gottesdiensten musiziert.

Seine christlichen Gedanken transportiert er häufig über seine Texte. Er tue das unbewusst, sagt er. "Ich bin kein Missionar." Aber in der Musik, glaubt Zuckowski, offenbare sich die Seele eines Menschen. "Jeder spürt, dass es eine Seele in jedem von uns gibt, dieses Ich-Gefühl, dass man mit Worten eben nicht beschreiben kann", sagt er. In der Musik könnten Kinder alles erleben, Trauer, Zorn, Übermut. Und man könne diese Gefühle ausdrücken, indem man singe und in sich hineinhöre.

Mit seinen Liedern will Zuckowski bei den kleinen Zuhörern und Sängern das Vertrauen in sich selbst stärken. Eines seiner bekanntesten Lieder trägt den Titel "Ich schaff das schon". Ein anderes "und ganz doll mich". In beiden geht es darum, an sich selbst zu glauben.

Seit mehr als 30 Jahren ist der Musiker mit singenden Kindern unterwegs. Jüngstes Großprojekt war die "Elbtour 2010" des Vereins Elbkinderland, dessen Schirmherr er ist. Dazu rief er unter anderem in der Haseldorfer Marsch den Kinderchor "Elbkinder Hetlingen" ins Leben und organisierte Chor-Begegnungen entlang der gesamten Elbe. Er will damit den Kindern das vermitteln, was er selbst in seiner Kindheit als wohltuend und stärkend empfunden hat: Gemeinschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl.

In Zukunft aber will Zuckowski wieder mehr Musik für Erwachsene machen. Seine CD "Hat alles seine Zeit" ist ein Solo-Album mit Themen zwischen Familienleben und Zeitgeist.

Warum dieser Wandel? Weil er in seinen Liedern immer das thematisiere, was ihn gerade bewege. "'Hat alles seine Zeit' bedeutet, dass jede Lebensphase ihren Lebensabschnitt bekommt und somit auch ihren Stellenwert im eigenen Leben", sagt er. Er sei derzeit vor allem eins: "Mit Leib und Seele Opa."