Die legendäre “Parsifal“-Inszenierung von Bob Wilson wird wiederaufgenommen

Seine Bilder beziehen ihre betörende Kraft aus der äußersten Reduktion der Mittel: unwirkliches Licht, die Bühne fast völlig kahl, die Kostüme so schlicht wie die Gesten abstrahiert. Als Robert Wilson, dieser Magier der Langsamkeit, sich 1991 Richard Wagners Alterswerk "Parsifal" vornahm, in dem Zeit und Zeitmaß immer wieder aufgehoben scheinen, hatte das den Charakter eines Gipfeltreffens. Die Deutung, die der texanische Regisseur damals auf die Bühne der Hamburgischen Staatsoper brachte, hat Maßstäbe gesetzt.

Im kommenden Januar nimmt Staatsopernchefin Simone Young die legendäre Inszenierung wieder auf - eine Gelegenheit für das Hamburger Publikum, sich noch einmal in diese Einheit von Klang und leuchtendem Blau zu versenken.

Die Geschichte vom reinen Tor Parsifal, der sich auf der Jagd in den Bezirk des wohlgehüteten heiligen Grals verirrt und von den Gralsrittern umgehend als Nachfolger des versehrten Gralskönigs Amfortas gekürt wird, hat schon Wagner als sein eigener Librettist mit eher wenig Handlung versehen. Robert Wilson hat sie noch weiter skelettiert: Bei ihm bricht kein Felsen des bösen Gegners Klingsor krachend auseinander, ja es gibt nicht einmal einen Speer, der fliegen könnte.

"Ein naturalistischer Parsifal ist für mich nicht möglich - er wäre eine Lüge", erklärte der Regisseur seinerzeit. In der Tat ist "Parsifal" wohl das Werk Wagners, in dem Handlung und Figuren am stärksten und deutlichsten dazu dienen, Ideen zu verkörpern - etwa wenn Gurnemanz, der Chronist der Gralsgesellschaft, Parsifal die Erkenntnis mit auf den Weg gibt: "Du siehst, mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit."

Wilsons karge Ästhetik verdoppelt gewissermaßen die Wirkung von Wagners ins Unendliche gedehnter Musik: Die statischen Bilder und Klänge bleiben so lange auf Netzhaut und Trommelfell, dass sie sich mit den jeweils nachfolgenden überlagern bis hin zu Trancezuständen.

Dass der "Parsifal" überhaupt an einem anderen Ort als in Bayreuth erklingen könnte, hat der Komponist zu Lebzeiten mit allen Mitteln zu verhindern gesucht. Getreu seiner Selbstwahrnehmung als Messias im Sinne einer kunstreligiösen Erlösungsphilosophie bezeichnete er das Werk nicht als Oper, sondern als "Bühnenweihfestspiel" - die Uraufführung 1882 war zugleich die Wiedereinweihung des Bayreuther Festspielhauses. Schon der bis zur Entmaterialisierung verschmolzene Instrumentalklang zeigt, wie genau Wagner den Orchestersatz auf die dortige Akustik zugeschnitten hatte.

Schade wär's gewesen, hätten die buchstabengetreuen Verfechter des meisterlichen Willens im jahrelangen Streit um den Aufführungsort obsiegt. Ein so komplexes, vielen Deutungen zugängliches Werk wie "Parsifal", das obendrein reichlich ideologisch missbraucht worden ist, braucht die Vielfalt der Auseinandersetzung. Ungezählt sind die Inszenierungen, die "Parsifal" auf der ganzen Welt erlebt hat.

Simone Young hat ein Ensemble ausgewiesener Wagner-Interpreten versammelt: Peter Rose verkörpert den Gurnemanz, Wolfgang Koch übernimmt die Rolle des Amfortas, Angela Denoke singt die ambivalente Verführerin Kundry. In der Titelrolle ist Tenor Klaus Florian Vogt zu erleben. Schon bei der Wiederaufnahme 2004 bejubelte die Kritik sein lyrisches Timbre und die Leichtigkeit, mit der er die Riesenpartie bewältigte; jüngst sang er in Hamburg den "Lohengrin". Ein Heimspiel aber ist es für Vogt noch aus einem anderen Grund: Seine Laufbahn begann er nämlich als Hornist bei den Philharmonikern.

Parsifal 9., 12. und 23.1., jeweils 17 Uhr, Staatsoper. Karten unter T. 35 68 68