Hélène Labarrière kreiert mit ihrem Quarett Melodien von verwunschener Abstraktion

Wer einem Konzert von Hélène Labarrière lauscht, muss sich einlassen auf verschlungene akustische Pfade, auf denen nichts offensichtlich ist und Zauberkräuter am Wegesrand blühen. Beim ersten Hören verweigert sich ihre Musik. Kaum wärmt da ein Fetzen einer Melodie. Labarrière erzeugt eine seltsame Verbindung von Instrument und Musikerin, eine Versunkenheit, die beinahe philosophisch anmutet. Labarrière kann ihren Bass aber auch heftig und eruptiv bearbeiten, kurz einzelne Töne anreißen, dass es fast etwas Bedrohliches bekommt.

Im Oktober 2001 trat das Hélène Labarrière Quartet erstmals in Bordeaux auf. Seither hat sie die Jazzgemeinde verblüfft und in Begeisterung versetzt. Als Bassistin bildet sie das Rückgrat ihrer Combo. Die ausgezeichneten Mitstreiter des Quartetts mit Namen Actus, François Corneloup am Baritonsaxofon, Hasse Poulsen an der Gitarre und Christophe Marguet am Schlagzeug, gehen intensiv darauf ein. Marguet hat wie sie selbst vom Erfahrungsschatz wesentlich älterer Musiker profitiert, etliche französische und amerikanische Solisten hat er in diversen Pariser Jazzclubs begleitet, bevor er sich der freieren Improvisation öffnete.

Corneloup ist Autodidakt. Er startete seine musikalische Laufbahn in der Compagnie des Pianisten Bernard Lubat und zählte 1990 neben Michel Godard und Sylvain Kassap zum Kollektiv "Incidences". Hier lernte er auch Hélène Labarrière kennen. Gitarrist Hasse Poulsen zog es vor dreizehn Jahren von Kopenhagen nach Paris. Wie die übrigen lotet er ständig die Grenzen seines Instrumentes aus.

Auf dem bislang letzten Album "Les Temps Changent", das vor drei Jahren erschienen ist, beschäftigt sich das Quartett mit der Reflexion von Zeit, experimentiert mit Tempi, lässt die Musik mal sanft fließen oder sich reiben. Es entsteht eine Anspannung, die nur spärliche Momente der Erlösung bereithält. Die Rhythmen wiederholen sich häufig hypnotisch, die Melodien bleiben abstrakt. Sie formen erst den Boden, auf dem kontrollierte Improvisationen gedeihen.

"Weil wir unserer Umwelt gegenüber nicht taub sind, fühlen wir mehr und mehr die Dringlichkeit, uns musikalisch dazu zu äußern", sagt Hélène Labarrière. Die Musikerin wuchs in Clichy-sur-Seine auf. Mit 16 Jahren entdeckte sie den Kontrabass. Sie studierte an den Konservatorien von Boulogne und Gennevilliers, trat später mit Lee Konitz, Daniel Humair und dem Vienna Art Orchestra auf.

Nach der Pause wird der norwegische Bandleader Geir Lysne mit der Danish Radio Big Band auftreten. Lysne ist durch seine Arbeit mit dem "Geir Lysne Ensemble" international renommiert. Auf dem Programm steht die Musik des Komponisten Jacob Gade (1879 bis 1963). Der Däne, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, schrieb 1925 den Tango-Welthit "Jalousie" und wurde über Nacht steinreich und berühmt. Mit dem Konzert verneigt sich die Danish Radio Big Band vor Gade, ist sie doch kürzlich von der Jacob Gade Stiftung ausgezeichnet worden.

NDR Jazz Konzerte #7 Hélène Labarrière Quartet /Danish Radio Big Band, Geir Lysne (Leitung), 16./17.12., jew. 20.00, Rolf-Liebermann-Studio, Karten NDR Ticketshop, T. 0180/ 178 79 80, ticketshop@ndr.de