Eine etwas anderer Kirchner in der Kunsthalle

Hamburg war Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) überaus wohlgesonnen. Zumindest das kulturell-offizielle in Person der Museumsdirektoren Gustav Pauli, Max Sauerlandt und weiterer Förderer des jungen Brücke-Künstlers. Die Presse attestierte dem "Beschauer" hingegen eine Befremdung beim Abschreiten seiner Bilder, "als hätte er am Aschermittwoch sich noch einmal in eine Maskenkammer verirrt".

Die Kunsthalle präsentiert Kirchner abseits der Klischees eines in Dauerekstase schaffenden Künstlers. Die in thematischen Gruppen mit rund 80 Zeichnungen und Druckgrafiken sowie 15 Gemälden zusammengestellte Schau belegt, wie Kirchner sich seinen Themen nähert, mit schwungvollen Akten, Porträts, farbintensiven Landschaften. Während seines Aufenthalts 1910 in der Hansestadt gewann er auch Motiven wie dem Alsterblick etwas ab.

Erstmals präsentiert die Ausstellung 14 von mindestens 33 großformatigen Zeichnungen aus den Jahren 1906 bis 1913, eine Wiederentdeckung, die Kirchner als Zeichner eigenständiger Bildkompositionen ausweist. In die Dresdner und Berliner Jahre 1909 und 1913/14 bis in das in Davos entstandene Spätwerk verschafft die Schau "Kirchner" Einblicke. Außerdem widmet sie sich Einzelaspekten, etwa dem Gemälde "Das Paar vor den Menschen" (1924). Kirchner hatte es den Kämpfen "für das Ideal freien Menschentums" zugeordnet. Ein Dorn im Auge der Nazis, die es später als "entartet" abstempeln sollten. Unterstützt wird die Schau durch die Hubertus-Wald-Stiftung.

Kirchner bis 16.1.2011, Hamburger Kunsthalle, Hubertus-Wald-Forum, Di-So 10.00-18.00, Do 10.00-21.00