Die Reemtsma Cigarettenfabriken während des Nationalsozialismus

Das komplizierte Verhalten eines Großkonzerns im Nationalsozialismus - auch diese Facette beleuchtet die Ausstellung "Werbewelten Made In Hamburg. 100 Jahre Reemtsma" noch bis zum 20. März im Museum der Arbeit. Zur Woche des Gedenkens Ende Januar 2011 bilden Vorträge zu diesem Thema den Schwerpunkt.

"Das Unternehmen sah sich 1933 wegen seines jüdischen Teilhabers David Schnur heftigen Angriffen aus der NSDAP ausgesetzt. Außerdem drohte die Einführung eines staatlichen Monopols. Das Unternehmen schätzte die eigene Lage als existenziell bedroht ein", sagt Kurator Stefan Rahner. "Die Geschäftsleitung reagierte mit Werbeaufträgen an die NS-Presse, Parteispenden bis hin zu direkten Millionenzuwendungen an Herrmann Göring."

Allerdings kam das Unternehmen den Machthabern weit entgegen. Die umfangreichen betrieblichen Sozialleistungen wurden in den Dienst der NS-Propaganda gestellt. So richtete Reemtsma Massenhochzeiten an seinen Standorten aus, bei denen Frauen, die ihren Arbeitsplatz zugunsten eines männlichen Verwandten verließen, ein Ehestandsdarlehen bekamen. "Der betriebliche Alltag wurde gleichgeschaltet. Die Mitarbeiter hörten Hitlerreden vor dem Weltempfänger und bastelten Gaben für die Front." Ein zweiter Themenkomplex widmet sich der Zwangsarbeit. Gemeinsam mit dem Wehrwirtschaftskommando organisierte Reemtsma ab 1943 die Tabaklandwirtschaft auf der Krim. 300 bis 400 Mitarbeiter mussten in den dortigen Betrieben arbeiten. Jan Philipp Reemtsma bemüht sich heute darum, die Mitarbeiter aufzuspüren und privat zu entschädigen. Zwangsarbeit gab es zwischen 1940 und 1944 auch im Werk in Hannover. 103 polnische Zwangsarbeiterinnen mussten hier arbeiten.

Werbewelten Made In Hamburg. 100 Jahre Reemtsma bis 20.3.2011, Mo 13.00-21.00, Di-Sa 10.00-17.00, So 10.00-18.00, Termine für Vorträge und Führungen unter www.museum-der-arbeit.de