Europaweit Städte in ihren Umweltleistungen zu vergleichen halte ich für sehr sinnvoll, zumal dies weit über das Jahr 2011 hinausweist. Denn vier von fünf Bürgern in Europa leben inzwischen in Städten. Es lohnt sich, die Wirklichkeiten der Städte zu vergleichen, weil so dem Vorwurf der Traumtänzerei in Sachen Umweltschutz, mit dem Umweltinitiativen mitunter konfrontiert sind, schnell der Boden genommen wird. Doch die Auszeichnung Hamburgs und anderer Großstädte muss tatsächliche Fortschritte im Natur- und Umweltschutz erbringen. Eine bloße Marketingveranstaltung lehnen wir ab.

Hamburg hat sich mit seinen Grüngebieten, seinem Bus- und Bahnangebot, seinen ehrgeizigen Zielen im Klimaschutz sowie den abgegebenen Präsentations- und Leistungsversprechen im europäischen Vergleich offensichtlich einen Spitzenplatz erarbeitet. Andererseits gilt auch hier: "Unter den Blinden ist der Einäugige König".

Denn der seit Jahren sehr hohe Flächenverbrauch, infolgedessen Stück für Stück Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren geht, die ebenso systematische Schwächung der Naturschutzverwaltung, die viel zu niedrige Recyclingquote, die jahrzehntelange, stiefmütterliche Behandlung des Radverkehrs sowie die nicht enden wollenden Elbvertiefungen zeichnen ein ganz anderes Bild von der grünen "Umwelthauptstadt Hamburg". Zu beurteilen, ob die Auszeichnung Umwelthauptstadt berechtigt ist, bleibt deshalb jedem selbst überlassen.

Die vergrößerte Aufmerksamkeit für Umweltfragen im Umwelthauptstadt-Jahr bietet uns aber die Chance, allzu oft vergessene Umweltthemen stärker in den Mittelpunkt der Stadtpolitik zu rücken. Der Nabu Hamburg möchte dies nutzen, um notwendige und längst überfällige Fortschritte für den Natur- und Umweltschutz zu erreichen. Wir fordern unter anderem eine naturnahe Pflege der Grünanlagen, die Renaturierung von kanalisierten Gewässern, einen wirksamen Biotopschutz, 50 Kilometer neue Fahrradstreifen auf Fahrbahnen.

Wir als Nabu Hamburg leisten eigene praktische Beiträge für den Natur- und Umweltschutz in Hamburg. Und wir motivieren die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zum Mitmachen, denn unser Ziel ist es, dass alle Akteure die ihnen möglichen Beiträge leisten, damit sich unsere Stadt natur- und umweltfreundlich entwickeln kann.

Bei der oft zitierten "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie" darf die Ökologie nicht auf der Strecke bleiben. Arbeiten und Leben in der Stadt sollten vielmehr von vornherein umweltfreundlich gestaltet werden. Wenn uns das besser gelingt, dann werden wir uns zu Fuß, mit Fahrrad, Bussen oder Stadtbahn bequem und schnell durch die Stadt bewegen. Wir würden in gut isolierten und deshalb klimafreundlichen Wohnungen leben, könnten uns in einer grünen Stadt erholen und biologisch angebaute Lebensmittel genießen. Dann können wir sicher sein, dass wir unseren Nachfahren eine lebenswerte Stadt hinterlassen.