Kindern trauern anders als wir. Zehn Fragen und Antworten, wie ich meinem Kind den Tod erklären kann

Der Tod gehört zum Leben, aber wie bringe ich das meinem Kind bei? Pastor Christian Butt bietet regelmäßig Schulprojekte zum Thema Tod und Trauer an. Der Vater von vier Kindern hat zudem ein Kinderbuch zu Beerdigungsbräuchen herausgegeben.

1. Ab welchem Alter kann ich mit meinem Kind über den Tod sprechen?

Christian Butt:

Kinder werden im Alltag häufig mit Tod und Sterben konfrontiert: die tote Amsel auf dem Weg, der kranke, alte Nachbar, Tote im Fernsehen. Wenn sie Fragen dazu haben, kann man schon Vorschulkindern das Thema anhand leicht verständlicher Büchern erklären. Man kann mit ihnen über das Thema Vergänglichkeit der Natur reden, dann zu den Tieren übergehen und sie so langsam auf den Tod eines Menschen vorbereiten.

2. Wie können sich Kinder gut von ihren toten Haustieren verabschieden?

Es ist wichtig, dass sie sich überhaupt verabschieden. Es ist gut, wenn man das tote Tier in einen Karton einsargt. Das Kind sollte dann aktiv an der Beerdigung mitwirken, denn so kann es seine eigene Geschichte mit dem Tier beenden. Es kann etwas basteln oder den Karton schmücken.

3. Die Oma liegt im Sterben. Wie erkläre ich meinem Kind, dass sie bald nicht mehr da sein wird?

Kinder spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist, aber sie können sich nur schwer vorstellen, dass die Oma dann nicht mehr da ist. Am besten ist es, wenn man die kostbare Zeit mit der Sterbenden noch einmal schön gestaltet. Man kann noch mal etwas für die Oma tun, den Garten harken und ihr das dann erzählen. Oder einen Kuchen backen und gemeinsam essen. Das gibt den Kindern Kraft, für das was kommt.

4. Sollten die Kinder noch einmal die Leiche der Verstorbenen sehen?

Man muss die Kinder fragen, ob sie das wollen. Und man muss als Elternteil wissen, ob man die Kraft hat, einem Kind in so einem Moment beizustehen. Denn alleine sollte es nicht zur Leiche. Meine damals 16-jährige Tochter ist zu meinem toten Vater mitgekommen. Ihr hat das geholfen. Sie hatte sich vorher Gedanken gemacht, wie er wohl aussieht und fand es gut, ihn so friedlich daliegen zu sehen. Meine anderen Kinder wollten nicht mit. Ich wollte sie auch nicht dazu zwingen.

5. Wie kann man die Kinder am Abschiednehmen beteiligen?

Man sollte versuchen, ihre Wünsche zu akzeptieren, auch wenn es nicht die eigenen sind. Sie können ab einem gewissen Alter auch bei der Gestaltung des Grabsteins mitreden. Ich habe bei der Verabschiedung eines Schülers erlebt, dass seine Kameraden die Blumenschleife gestaltet haben, das fand ich sehr beeindruckend. Meine Kinder wollten bei der Beerdigung meiner Mutter noch einmal unbedingt Rosen kaufen. Denn Rosen waren Oma.

6. Sollte man den Kindern erzählen, dass die Verstorbenen im Himmel sind?

Kleineren Kindern würde ich sagen, dass Oma im Himmel ist, weil diese Symbolik für diese Kinder etwas behütendes hat. Grundschüler, die auch schon mal geflogen sind, wissen, dass sie ihre Großeltern nicht mitten in den Wolken treffen. Denen kann man einen göttlichen Himmel erklären, der für uns nicht sichtbar ist. Man kann ihnen sagen, dass der wichtigste Teil von Oma und Opa gut bei Gott aufgehoben ist und sie gemeinsam über das Kind wachen.

7. Wieweit kann ich die Kinder mit meinem eigenen Schmerz konfrontieren?

Ich habe geheult wie ein Schlosshund beim Tod meiner Eltern, da waren meine Kinder sehr erschrocken, aber ich konnte das nicht zurückhalten. Ich habe immer versucht, offener Gesprächspartner zu sein, aber nicht meine Trauer mit ihnen zu verarbeiten.

8. Trauern Kinder anderes als Erwachsene?

Ja, wir sind oft lange in einem tiefen Tal. Kinder trauern hingegen in Pfützen. Sie sind ganz traurig, dann ist das Leben wieder eine Weile normal, dann geht es wieder in eine Pfütze. Man sollte sie nicht ermahnen, doch traurig zu sein, weil Oma erst ein paar Tage tot ist. Kinder haben keine Pflicht zum trauern.

9. Ab welchem Alter können Kinder auf Beerdigungen gehen?

Kinder können in jedem Alter mit auf eine Beerdigung kommen - sie müssen es aber wollen. Man sollte sie nicht zwingen, auch wenn es einem persönlich wichtig wäre. Ich als Elternteil muss auch damit klarkommen, dass mein Kind dabei ist. Man ist ja emotional sehr aufgebracht. Wichtig ist deswegen, dass jemand für das Kind während der Zeremonie sorgt, vielleicht ein Pate oder ein guter Freund. Man sollte den Kindern vorher den Ablauf erklären.

10. Gibt es gute Trauerrituale für Kinder? Soll ich sie zum Friedhofsbesuch mitnehmen?

Man kann sie fragen, ob sie etwas zur Erinnerung haben möchten. Manche stellen Bilder auf oder ein Erinnerungsstück. Schön ist, wenn man zum Beispiel immer zum Todestag oder Geburtstag eine Kerze anzündet. Auf den Friedhof wollten meine Kinder nur zu Beginn, jetzt nicht mehr. Man sollte keine Verpflichtung daraus machen. Irgendwann ist die Trauer für sie vorbei, oftmals schneller als bei uns.

Kinderbücher zum Thema Tod:

Christian Butt: "Warum steht auf Opas Grab ein Stein?" Beerdigungsbräuche erklärt von Kindern für Kinder, Calwer, 3,60 Euro.

Ulf Nilsson, Anna-Clara Tidholm, Ole Könnecke: "Adieu, Herr Muffin" , Beltz, 5,95 Euro. Abschied von Tieren. Ab sechs Jahren

Sally Nicholls und Birgitt Kollmann: "Wie man unsterblich wird: Jede Minute zählt" . dtv, 8,95 Euro. Autob. eines krebskranken Jungen. Ab zwölf.