Ingrid Noll und Ulrich Wickert eröffnen das 4. Hamburger Krimifestival, Salut Salon sorgt für die Zwischentöne

Es war auch diese Form freundlicher Bösartigkeit in ihren Geschichten, die Ingrid Noll bei einem großen, speziell weiblichen Publikum so populär gemacht hat. Was 1991 mit dem nahezu programmatischen Titel "Der Hahn ist tot" begann, ist denn auch eine der größten Erfolgsgeschichten innerhalb des deutschsprachigen Kriminalromans. Kürzlich nun ist mit "Ehrenwort" der zehnte Roman der mittlerweile 75-jährigen Autorin erschienen. Mit ihm wird sie am 1. November das Hamburger Krimifestival eröffnen. Mit ihm ist Noll zurückgekehrt zu alter Bösartigkeit, die gar nicht immer freundlich ist.

Gemeinsam mit der großen alten Damen des Kriminalromans wird Ulrich Wickert seinen aktuellen Kriminalroman "Das achte Paradies" um den Pariser Untersuchungsrichter Jacques Ricou vorstellen. Und musikalisch begleitet wird das kriminalistische Duo von den swingenden Damen des Quartetts Salut Salon.

Bereits zum vierten Mal schickt der Ex-"Tagesthemen"-Anchorman Ulrich Wickert seinen Richter Ricou in einen äußerst komplexen Fall. Eigentlich plant Ricou, ein paar Tage am Mittelmeer zu relaxen, doch natürlich kommt alles ganz anders. Zuerst ist eine Freundin seiner Freundin verschwunden, dann mehren sich die Ungereimtheiten während der Ermittlungen - und schon steckt Ricou bis zum Hals in einem Fall von Internetspionage und Geldwäsche, in dem auch die georgische Mafia eine wenig rühmliche Rolle spielt.

Den Urlaub an der Cote d'Azur kann Ricou jedenfalls vorerst vergessen. Immerhin aber führt ihn die Spur ins sonnige Nizza.

Erneut profiliert sich Wickert als Autor von politischen Kriminalromanen, die sorgfältig recherchiert und dramaturgisch spannend entwickelt sind. Schon in "Der nützliche Freund", in dem es um den Skandal beim Verkauf der ostdeutschen Leuna-Werke ging, war das so wie auch in "Die Wüstenkönigin", als Wickert sich das Thema "illegale Waffengeschäfte" vorgenommen hatte. Wie in diesen Vorgängern sieht sich Ricou auch in "Das achte Paradies" wieder staatlichen Anfeindungen ausgesetzt. Denn den Regierenden ist der kompromisslose Untersuchungsrichter zunehmend ein Dorn im Auge.

Politische Verwicklungen spielen bei Ingrid Noll eher eine untergeordnete Rolle. Sie schaut vielmehr auf die unterschwellige Dynamik privater Verstrickungen, durchleuchtet familiäre Strukturen und deren häufig ungute Konsequenzen.

So ist es auch in "Ehrenwort". Wohin mit dem Großvater?, lautet die Frage, nachdem der alte Willy in der Küche seines Hauses in einer Rapsöllache ausgerutscht und schwer hingeschlagen ist. Allein jedenfalls kann Max sich fortan nicht mehr versorgen. Kommt eigentlich nur die Familie seines Sohnes Harald infrage, allerdings ist das Verhältnis zwischen Vater und Sohn alles andere als einfach. Denn Willy hat nie besonders viel von seinem Filius gehalten. Konflikte jeglicher Couleur sind fortan programmiert.

Willy wird ins Obergeschoss von Haralds Haus einquartiert, quasi als die nörgelnde Variante des familiären Über-Ichs. Der Einzige, der sich um Willy fürsorglich kümmert, ist sein Enkel Max. Doch auch Max hat so seine Sorgen, er ist Opfer eines Erpressers. Und die blonde Jenny, Willys professionelle Pflegerin, sorgt für zusätzliche Turbulenzen im fragilen familiären Gefüge. Schwarzhumorig ist das allemal.

Aber auch Eric Amblers Credo, nach dem Spannung das Lebenselixier jeder guter Literatur ist, kommt bei Ingrid Noll nicht zu kurz. Ehrenwort.

Ingrid Noll, Ulrich Wickert musikalische Begleitung: Salut Salon, Mo 1.11., 20.0, Kampnagel, Eintritt 16,-