Aus einer Gegend im Nordwesten Andalusiens stammen der weltbeste luftgetrocknete Schinken und ein wunderbarer Wein. Zusammen sind sie unschlagbar

Wenn spanische Top-Schweine Wein tränken, wäre es wohl der aus ihrer Gegend. Aus der Extremadura und Nordwestandalusien kommt der weltbeste Schinken. Die Schweine fressen die Eicheln in den offenen Stein- und Korkeichen-wäldern, sind halbwild und leben das ganze Jahr über draußen. Genau dort, wo wunderbarer Wein wächst. Und der passt ganz vortrefflich zu dem Schinken der Schweine.

Jorge Valdebano ist Winzer und Schweinezüchter in Jabugo an der Grenze Andalusiens zur Extremadura. Seit vier Generationen züchten die Valdebanos Cerdo Iberico, das Iberische Schwein. Valdebano hievt einen enormen Schinken auf den Tisch, klemmt ihn in eine Haltevorrichtung, säbelt die Schwarte ab und schneidet mit einem langen Messer hauchdünne Scheiben ab. Sie sind dunkelbraun-rötlich mit weißem Fettrand, schmecken nussig und butterzart. Dazu tischt er einen 2008er Ribera del Duero auf, aus einem der großartigen Anbaugebiete Zentralspaniens. Tiefdunkelrot schwappt der im Glas, ölige Glyzerinfäden laufen innen am Glaskelch herab; er schmeckt nach Toast vom Eichenfass, etwas Sahne, Brombeeren und Schwarzkirschen.

Natürlich trinken Schweine keinen Wein, klar. Aber Schinken und Wein aus derselben Region, das passt gut zum heute so modernen Terroir-Gedanken. Terroir, das ist dieser schwer definierbare Begriff für alles, was Geschmack und Charakter eines Weines ausmacht: Klima, Boden und Winzerkunst. Die Weine erhalten durch das Klima mit den heißen Sommern und strengen Wintern eine besondere, unverwechselbare Note. Die Beeren sind recht klein, also konzentriert die Weinrebe in den wenigen Trauben das Aroma, das ihre Wurzeln aus den kargen Böden saugen. Wohl nirgendwo sonst in Europa finden sich noch so viele uralte Rebstöcke, teils 80, 90 Jahre oder älter.

Die daraus erzeugten Weine reifen im Keller zwischen einem und bis zu vier Jahren und haben eine Vielschichtigkeit, die viele Tropfen aus jungen Rebstöcken nicht haben. Oft schmecken sie runder, nach Karamell und sind ausgeglichener zwischen Frucht und Säure. Valdebano nennt das "Heimatgeschmack", und bei den Schweinen ist es genauso. Beim Iberischen Schwein geht alles etwas langsamer. Es wächst nicht so schnell wie das hochgezüchtete Industrie-Turbomastschwein, und nach und nach setzt sich Fett im Muskelfleisch ab - nicht nur unter der Haut. "Das Schwein kann aufgrund einer genetischen Besonderheit als einziges Tier auf der Welt große Mengen einfach ungesättigte Ölsäuren in seinem Muskelgewebe einlagern", sagt Hans-Jörg Zielske, Weinimporteur aus Sprockhövel, der in Südspanien Schinken herstellt und als Winzer arbeitet. "Nur aus diesem Grund speichert das Muskelfleisch das Eichelaroma nach langer und sorgfältiger Reifung, und so kann es sich beim Verzehr komplett entfalten", sagt Zielske. Dem luftgetrockneten Schinken verleiht dieses Fett einen buttrigen, sahnigen Beigeschmack, ein Aroma, das sich auch in dem Weinen aus der Tempranillo- oder Tinta-del-Pais-Traube finden lässt, die für die spanischen Tintos verwendet wird.

Zielske empfiehlt zum Schinken "aus traditioneller Sicht einen Fino aus Jerez oder Manzanilla aus Sanlúcar de Barrameda". Sehr gut passten auch im Barrique ausgebaute Tempranillo-, Juan García- oder Prieto-Picudo-Rotweine mit längerer Fass- und Flaschenreifung. "Sie haben dezente Röst- und Fruchtaromen, Duft nach Nüssen, Aprikosen, reifen Pflaumen, Tabak und Leder. Man sollte die Weine aus den Regionen D.O. La Rioja, D.O. Arribes und D.O. Vinos de la Tierra de León bei einer Temperatur um 15 Grad servieren. Dann treten Alkohol und Adstringenz in den Hintergrund. Ist der Wein zu warm, leiden Gaumen und Zunge zu sehr, um die feinen Aromen des Schinkens optimal wahrnehmen und schmecken zu können", sagt Zielske.

Im Valdepenas, einer Weinbau-region südlich von Madrid, ist sogar ein Tempranillo-Wein nach dem Schinken benannt, "Pata Negra" heißt er, was so viel wie "Schwarzpfote" bedeutet, abgeleitet aus dem schwarzen Hufen der Iberico-Schweine. Mit seinen Trüffel- und Beeren-Noten passt er sehr gut zum Schinken. Noch besser tun das aber die Rotweine von Juan Manuel Burgos, einem neuen Star unter Spaniens Weinmachern. Sein "Avan" ergänzt mit Frucht-Noten, seinem breiten Kreuz aus Eichenholzaromen und Sahnetrüffeln den spanischen "Pata Negra"-Schinken wunderbar.

Wenn der "Iberico Pata Negra Bellota" der König der Schinken ist, ist der "Serrano" der billige Jakob. Er stammt nicht von schwarzen Schweinen, er muss nicht mal aus Schinken spanischer Schweine stammen, sondern nur dort veredelt werden. Es geht um die Machart. Der Serrano ist genau wie der teure Bruder luftgetrocknet. Auch er kann ein herrlicher Begleiter zu Spaniens Weinen sein. Allerdings bedarf der Serrano nicht so wuchtiger Tropfen wie der Pata Negra.

Bei ihm tun es auch Leichtgewichte aus Valdepenas. Besser passen noch klassische Rioja wie die sogar in Supermärkten gehandelten "Faustino"- oder "Marques del Riscal". Sie harmonieren wegen ihrer zurückhaltenden und gut eingebunden Tannine sehr mit dem Serrano. Schwierig bis unmöglich wird es allerdings mit den oft von stahliger Säure bestimmten Weißweinen Spaniens. Sie bewirken im Mund in Verbindung mit dem Fett im Schinken einen seltsam oxidativen Geschmack nach Metall. Deswegen sind Rote, abgesehen vom Sherry, immer besser geeignet.