Die Ausstellung “deconstructing africa/europa“ ist ein deutsch-tansanisches Gemeinschaftsprojekt

Kann man denn dort studieren? Immer wieder musste Anne Backhaus die gleichen Fragen beantworten. Dass man in Daressalam, der Hauptstadt Tansanias, ebenso ein Universitätsstudium absolvieren kann wie in Hamburg, fanden viele ihrer Hamburger Gesprächspartner erstaunlich. Auch die Fotografin Jenny Jacoby stellte Backhaus, die in Daressalam Literatur studiert hatte, ähnliche Fragen. "Ihr habt völlig falsche Bilder im Kopf", bekam sie zur Antwort. "Dann lass uns doch die richtigen Bilder dagegen stellen", antwortete Jacoby. Gemeinsam entstand die Idee für das Projekt "deconstructing africa/europe", das sich mit einer Ausstellung ab September im Völkerkundemuseum präsentieren wird.

Nach intensiver Vorbereitung fuhren die deutschen Fotografen und Filmemacher Jenny Jacoby, Katja Oortman, und Jan Schöningh gemeinsam mit den ortskundigen Organisatoren Anne Backhaus und Jochen Lingelbach im Frühjahr 2009 für vier Wochen nach Tansania, wo sie bei einer Gruppe von einheimischen Künstlern wohnten, die ihrerseits im Herbst für einen Monat nach Hamburg kamen. "Wir haben festgestellt, dass nicht nur wir Klischees im Kopf haben, den Tansaniern geht es im Hinblick auf Deutschland nicht anders. Deshalb haben wir das Projekt von vornherein auf Gegenseitigkeit angelegt", meint Jenny Jacoby

Die Fotografien und Filmesequenzen, die ab September im Museum für Völkerkunde Hamburg und ab November dann im Nationalmuseum in Daressalam gezeigt werden, bieten ein gegensätzliches Bild. Manches von dem, was die Deutschen und die Tansanier im jeweils anderen Land erwartet hatten, bestätigte sich tatsächlich: In Afrika gibt es schreiende Armut und ein sehr einfaches Leben, in Deutschland tatsächlich Wohlstand und Modernität. Aber auch in Daressalam ragen moderne Hochhäuser in den Himmel, gibt es Shopping-Malls und selbst Massai-Krieger tragen stets ihr Handy bei sich.

Andererseits waren die tansanischen Foto-Künstler Asha Khamis Haji, Hugo Francis Mambo, Kibai Abdallah Matunda und Seleman Khalifa Mabisso erstaunt, dass im reichen Hamburg Menschen unter freiem Himmel übernachten müssen und es keineswegs so sauber ist, wie sie vermutet hatten. "Ich hätte Daressalam nie aus derselben Perspektive wie Jenny gesehen, genau wie ich in Hamburg ganz andere Dinge spannend fand, als die deutschen Künstler", meint der Fotograf und Bildhauer Kibai Abdallah Matunda.

Ist es das wahre Afrika und das wahre Europa, was durch den jeweils fremden Blick enthüllt wird? "Nein, diesen Anspruch haben wir nicht", meint Mitinitiator Jochen Lingelbach: "Wir wollen vielmehr deutlich machen, dass es dieses eine und wahre Bild nicht gibt. In Wahrheit sind die internen Wirklichkeiten mindestens so unterschiedlich wie der angenommene Unterschied zwischen den Kontinenten."

deconstructing africa/europe Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, 5.9.2010-23.1.2011, Di-So 10.00-18.00; www.deconstructingafricaeurope.org