Es gibt Fußballmannschaften, denen die Zukunft gehört. Die mit Talenten gespickt sind, von denen man hofft, dass sie nach erfolgreicher Entwicklung ihrem Verein eines Tages Ruhm und Geld einbringen. Der Mannschaft des HSV muss die Gegenwart gehören. Bei dieser Ansammlung von gestandenen Nationalspielern und dem hohen finanziellen Aufwand wäre alles andere als das Erreichen der Champions League als Misserfolg zu sehen. Ob dieses hohe Ziel aber tatsächlich erreicht werden kann, ist völlig offen. Zu viele Falltüren lauern auf dem Weg dorthin.

Nur wenn der HSV sein Führungsproblem lösen kann, gibt es Hoffnung. Trainer Armin Veh steht in der Pflicht, eine bislang von zu vielen Egoismen geprägte Mannschaft zur Einheit zu formen und für eine funktionierende Hierarchie zu sorgen. Der unerfahrene Sportchef Bastian Reinhardt muss schnell ein eigenes Profil entwickeln und während seines Lernprozesses auch als Partner für Veh fungieren. Gerade bei einer formschwachen Phase wird sich zeigen, ob er den Anforderungen gewachsen ist.

Im Fokus steht aber vor allem Bernd Hoffmann, der mit Millionen des Investors Klaus-Michael Kühne den ersten Titel in seiner siebenjährigen Amtszeit ersehnt. Der Verlauf der Saison dürfte unmittelbare persönliche Konsequenzen für Hoffmann haben, schließlich stehen im Winter Nachwahlen zum Aufsichtsrat an. Verläuft die Saison nicht nach Plan, könnte es zu einer erheblichen Erneuerung des Kontrollgremiums kommen, das wiederum über eine Verlängerung des bis Dezember 2011 laufenden Vertrages des Vorsitzenden und seiner Vorstandskollegin Katja Kraus entscheiden muss. Hoffmanns Kurs des stetigen Wachstums steht somit auf dem Prüfstand.

Wochenlange Diskussionen über die Klubführung - auch über den Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Becker - gehörten bereits in der Vergangenheit regelmäßig zum schlechten Ton, störten die Konzentration und schwächten die Autorität der Handelnden. Sollte Veh nicht die erhoffte Trendwende gelingen, würde auch die Trainerdiskussion schnell neue Fahrt aufnehmen. Befeuert auch durch den Umstand, dass sich Hoffmann problemlos nach dieser Saison vom Trainer trennen könnte - sogar ganz ohne Abfindung.