In der Thomaskirche in Hausbruch lernen Jugendliche von Jugendlichen. Viele lassen sich zu Teamern ausbilden

Der Spielplatz mit der hölzernen Arche und der langen Rutsche ist gepflegt, die Geräte sind neu. Viel Grün drum herum, Platz genug für die großen Zelte, die einige Jugendliche gerade auf der Grünfläche aufbauen. Dahinter erhebt sich der nüchterne Backsteinturm der Thomaskirche in Hausbruch, ein 50er Jahre-Bau, mit einem lichtdurchfluteten Altarraum. Die schöne Spielfläche davor deutet hin auf den Schwerpunkt der Gemeinde, zu der auch Neuwiedenthal und Altenwerder gehören: Die Jugend steht hier im Mittelpunkt.

Zwar gibt es hier für alle Altersgruppen ein vielfältiges Angebot - Kinderchöre, Frauengruppe, die Senioren von der "Spätlese", Bibelkreis, Yoga- und Theatergruppe, Bläserkreis und Thomaskantorei - doch zeichnet sich die Gemeinde vor allem durch hervorragende Jugendarbeit aus.

Einer der Schwerpunkte hierbei ist die Musik. "Wir möchten Jugendliche zum Musizieren anregen, denn darüber können sie sich beweisen und selbst verwirklichen", sagt Ulli Glaser, 27, der in der Gemeinde den Jugendchor und mehrere Jugendbands betreut. Seine eigene Musik-Leidenschaft trägt er deutlich zu Markte: Auf seinem Oberarm prangt ein riesengroßes Tattoo in Form eines Violinschlüssels. Jedes Jahr organisiert Glaser zusätzlich zur Arbeit mit den etablierten Gemeindebands ein zwölfmonatiges Bandprojekt für bis zu zehn Jungen und Mädchen. "Alle lernen bei uns eigenständig Lieder zu schreiben und zu arrangieren", sagt Ulli Glaser. Im Mittelpunkt stehe allerdings immer das Miteinander der Gruppe.

"Neben der Musik möchten wir Jugendliche aber auch mit anderen Projekten ansprechen", sagt Pastor Dirk Outzen, 43. Der Theologe ist seit dem 1. Januar 2001 Pastor an der Thomaskirche - seitdem gibt es auch die "Evangelische Jugend Süderelbe (EJS)", die von der Michaeliskirche in Neugraben, der Corneliuskirche in Fischbek und der Thomaskirche gegründet wurde. Durch ihr umfangreiches Angebot hat die EJS bislang Hunderte Kinder und Jugendliche nachhaltig für Kirche begeistert: Es gibt Musikurlaube und Sommerfreizeiten nach Tirol, Dänemark und Taizé, Seminartage und Gruselnächte.

"Unser Ziel war, die Jugendlichen nicht nur durch die Konfirmandenzeit zu begleiten, sondern ihnen schon früh Verantwortung zu übertragen und sie aktiv an der Gestaltung der Jugendarbeit zu beteiligen", sagt Jörg Lenke, 39, Diakon der Thomasgemeinde und Gründungsmitglied der EJS. So wurden bisher 140 Jungen und Mädchen im Alter von 15 bis 27 Jahren zu sogenannten Teamern ausgebildet - sie übernehmen Aufgaben, die eigentlich eher in den Bereich von Pastor, Diakon und Kirchenmusiker fallen. "Jeder soll einmal in unsere Rolle schlüpfen", sagt Lenke, "denn Konzept heißt: Jugendliche lernen von Jugendlichen."

Tina-Lisa, 16, Mareike, 19, Isabelle, 17, und Marten, 19, haben alle eine klassische Teamer-Karriere hinter sich. Haben vor der Konfirmation bei der Gruppe der sogenannten "Frühstartern" mitgemacht, parallel zum Konfirmandenunterricht bei den "Durchstartern", und haben nach der Konfirmation bei den "Newcomern" die Ausbildung zum Teamer gemacht. Jetzt begleiten sie mit anderen Teamern Kinder und Jugendliche auf dem Weg zum christlichen Glauben und helfen mit, "Konfer- und Jugendarbeit in Süderelbe auf Trab zu halten", wie Diakon Lenke es nennt.

Ein Jahr dauert die Teamer-Ausbildung, bei der die Teamfähigkeit und Motivation der Jugendlichen geschult, das Anleiten von Gruppenstunden und freies Sprechen geübt und das eigene Auftreten reflektiert wird. Davon profitieren beide Seiten: Pastor, Diakon und Kirchenmusiker, weil sie kompetente, jugendliche Unterstützung bekommen, und die Teamer, weil sie wichtige Fähigkeiten erlangen und ihre Persönlichkeit weiter entwickeln können.

"Ich bin selbstbewusster geworden und habe gelernt, vor einer Gruppe aufzutreten und sie anzuleiten", sagt Tina-Lisa Jacobs, die gerade ihre Teamer-Ausbildung beendet hat. Zur Schulung der eher zurückhaltenden 15-Jährigen gehörte das Vorlesen in den Gottesdiensten vor versammelter Gemeinde ebenso wie die Teilnahme an Rollenspielen, in denen sie lernte, "sich durchzusetzen". Isabelle Kaden ist schon seit einem Jahr dabei. Auch sie sagt: "Mir hat die Ausbildung den Mut gegeben, auch in Konfliktsituationen mal einzugreifen." Im Gegensatz zu Tina-Lisa und Isabelle ist Mareike Schmidt schon länger dabei. Die 19-Jährige hat bereits an mehreren Projekten mitgewirkt, die typisch für die außergewöhnliche Jugendarbeit der EJS ist: Bei der 24-Stunden-Themennacht "Multikulti" ging durch die Stadtteile Hamburgs, in denen viele Migranten leben. Anschließend wurde gemeinsam international gekocht; bei der "Wellness"-Veranstaltung wurden Peelings und Gesichtsmassagen ausprobiert; und in der "Nacht der Sinne" wurden Spiele angeboten, die den Tast-, Hör- und Geruchssinn der Teilnehmer ansprachen.

Anders als die drei Mädchen war Marten Scharweit ein "Spätzünder" - er hat sich nicht gleich nach der Konfirmation, sondern erst zwei Jahre später zum Teamer ausbilden lassen. "Ich habe von einem Freund gehört, wie viel Spaß das macht", sagt der 19-Jährige. Er ist nicht nur zuständig für das umfangreiche Materiallager der Thomasgemeinde - für Zelte, Grills und Töpfe, Sportutensilien und Werkzeuge - sondern bildet auch mit zwei Diakonen und zwei weiteren Teamern die "Newcomer" aus.

Seit Kurzem kann sich jeder ausgebildete Teamer durch den Erwerb einer "Teamercard" auszeichnen, die Diakon Lenke gerade als ein von Nordelbien anerkanntes Zertifikat mitentwickelt hat. Demnächst soll sie auch in anderen Gemeinden eingeführt werden. Um die scheckkartengroße Karte zu erhalten, müssen sich die Teamer in verschiedenen "Disziplinen" bewähren. "Dabei geht es um Methodik, soziale und religionspädagogische Kompetenzen ebenso wie um organisatorische", sagt Diakon Lenke und fügt zufrieden hinzu: "Immerhin haben sich schon 17 Teamer für die Karte qualifiziert."