Robin hat sein Ziel erreicht. Er wird Bürokaufmann und beginnt seine Ausbildung in der Werbeagentur Deep Blue

Neun Jahre Schule sind genug, fand Robin. Der 16-Jährige wollte lieber arbeiten. Seine Entscheidung erklärt er mit ruhigen Worten so: "Ich hatte einfach nicht mehr so richtig Lust auf Schule. Ich konnte mich nicht mehr so gut konzentrieren und war schulmüde." Er suchte Unterstützung und wandte sich an die Arbeitsstiftung. Diese Entscheidung war goldrichtig.

Vor einem Jahr erst war die Familie Gerhardter, Robin hat noch eine Schwester, samt Hund von Berlin nach Hamburg-Sasel gezogen. Robin ging in die Peter-Petersen-Gesamtschule. Die Gerhardters nahmen die Beratung durch die Arbeitsstiftung dankbar an, zumal seine Eltern nicht begeistert von Robins Entschluss waren. "Man hört doch immer wieder, dass der Hauptschulabschluss nicht reicht", sagt Vater Gerhardter. Nach vielen Diskussionen in der Familie lautete die Abmachung: Wenn Robin keinen Ausbildungsplatz findet, macht er den Realschulabschluss. Dann stärkten seine Eltern dem Jungen den Rücken, wo sie nur konnten und besorgten ihm unterschiedliche Praktika in der Werkstatt und im Büro.

Das erste Praktikum bei Philips gefiel Robin nicht so gut. "Ich habe gemerkt, dass mir das Handwerkliche nicht liegt. Auch der Umgangston unter den Mechanikern war ziemlich ruppig", sagt der 16-Jährige. Das nächste Praktikum war bei der Wünsche AG im Büro. Und siehe da - es war ein durchweg positives Erlebnis. "Das war toll. Ich durfte sogar ein Reklamationsgespräch auf Englisch führen", berichtete er seiner Mutter nach dem ersten Tag im Büro bei Wünsche. Robin: "Ich merkte sofort, der Job liegt mir. Am Computer arbeiten, der Kontakt mit Menschen und die Akten in Ordnung halten. Die drei Wochen gingen so schnell rum, und es hat mir dort viel Spaß gemacht." Er sei überrascht gewesen, dass der Tag ihm nicht lang wurde, obwohl der Arbeitsrhythmus ein ganz anderer ist als in der Schule.

Robin wollte Bürokaufmann werden und ging sein Ziel systematisch an. Mit Barbara Köpcke, Beraterin in der Arbeitsstiftung übte Robin wie man Bewerbungen schreibt und wie ein gutes Bewerbungsfoto aussehen sollte. Auch das Vorstellungsgespräch wurde trainiert. So musste Robin erzählen, welche Ziele er hat und wie er sich präsentieren würde. "Wir haben geübt, dass ich vor dem ersten Bewerbungsgespräch nicht aufgeregt bin. Aber ich bin auch ein gelassener Typ", beschreibt sich Robin selbst. Auch der Tipp der Beraterin, sich im Internet über die jeweilige Firma zu informieren, habe ihm sehr geholfen.

Bei seinem ersten Bewerbungsgespräch in einer Spedition sah er sich dann drei Männern in Anzug gegenüber. "Das war sehr steif." Sein zweites Gespräch hatte der junge Mann bei der Werbeagentur Deep Blue, seinem zukünftigen Arbeitgeber. Da war die Stimmung ganz anders. Ein herzlicher Empfang, zwei Frauen in Jeans sprachen mit dem jungen Bewerber, und alles war locker und entspannt. "Ich wurde gefragt, was meine Stärken sind, was ich über die Firma weiß und was meine Hobbys sind", berichtet Robin, der gern Fußball spielt und sich mit Freunden trifft. An manchen Wochenenden fährt er auch nach Berlin. Und seine Stärken? "Pünktlichkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind meine Stärken", antwortet Robin ruhig, aber bestimmt. Das sei schon immer so bei ihm gewesen.

Und was machen seine Mitschüler? "Ich bin der Einzige, der bald arbeiten und Geld verdienen wird", sagt Robin. Zwei Mitschüler suchen noch eine Lehrstelle, finden aber nichts. "Die gehen auch nicht zur Arbeitsstiftung", sagt Robin. "Frau Köpcke hat mir sehr geholfen, und ich kann diesen Weg nur allen Schülern empfehlen." Auch Praktika seien ein guter und wichtiger Weg, herauszufinden was einem wirklich liegt. Manchmal kann die Entscheidung eines Unternehmens für oder gegen den Bewerber auch sehr knapp ausfallen. So fehlten Robin bei einem Test bei Otto nur zwei Punkte. Insgesamt hat er zehn Bewerbungen geschrieben und fünf Absagen erhalten. Die Nachricht von Deep Blue, dass sie Robin haben wollen, kam am Geburtstag seines Vaters. Ein gutes Zeichen. Robin macht seit dem 1. Juli in der Werbeagentur ein bezahltes Praktikum und beginnt danach, am 1. August, seine Ausbildung.

Robins Eltern sind jetzt beruhigt. "Wir waren zunächst besorgt, haben uns dann aber mit Robins Schulmüdigkeit angefreundet", sagt sein Vater Andreas Gerhardter. Auch habe Frau Köpcke ihnen immer wieder Mut gemacht. "Robin hat sein Ziel konsequent verfolgt, viel Eigeninitiative gezeigt und sich auch in der Schule noch stark verbessert", sagt die Beraterin der Arbeitsstiftung. "Manchmal kann ein Dritter das eigene Kind sogar besser beurteilen, weil er unvoreingenommener rangeht", hat Andreas Gerhardter festgestellt. Er ist sich aber auch sicher: "Jugendliche, die keine Unterstützung erhalten, scheitern."