Im September wird Simon Gaudenz Chefdirigent der Hamburger Camerata

Wenn jemand wie die Inkarnation des Aufbruchs aussieht, dann dieser schlaksige Lockenkopf, dieser Hitzkopf am Pult, der den Stab links führt, die Extreme liebt und 2009 beim Wettbewerb des Deutschen Dirigentenpreises das Berliner Konzerthausorchester zu einem Feuerwerk an Farbigkeit und Vielgestaltigkeit animierte - womit er den renommierten Preis auch prompt gewann. Und genau das ist es, was der Schweizer Simon Gaudenz, 37 Jahre alt und ab der Saison 2012/13 Chefdirigent der Hamburger Camerata, an dem Orchester schätzt: "Bei denen herrscht eine wunderbare Aufbruchsstimmung."

Wenn Gaudenz im September das erste Konzert der Saison dirigiert, knüpft er an sein fulminantes Debüt vom Sommer 2011 an, mit dem er das Orchester im Sturm eroberte. Seine akribische Arbeitsweise haben die Musiker also bereits kennen und schätzen gelernt. "Man kann im Konzert nur musikalisch frei sein, wenn man vorher unglaublich genau ist", lautet sein Credo. Deshalb reist er mit Orchesterstimmen an, in die schon vor der ersten Probe nicht nur technische, sondern vor allem auch musikalische Spielanweisungen eingetragen sind - ein Vorgehen, dass keinesfalls so üblich und selbstverständlich ist, wie es klingt. Klar, dass Gaudenz besonders genaue Vorstellungen davon hat, wie er die Musik hören will. Bereits das erste Programm mit drei Wiener Sinfonien von Mozart steht im Zeichen seiner Beschäftigung mit der historischen Aufführungspraxis. Andererseits will er die stilistische Bandbreite ausreizen, wie er sagt: "Die Camerata hat ja ihre eigene Tradition, was die zeitgenössische Musik betrifft."

Zu Gaudenz' Entscheidung für das Ensemble hat auch die Laeiszhalle beigetragen, der traditionelle Spielort der Camerata. "Das ist ein toller Saal. Da können sie sich gut hören und merken, wie sich der Klang entwickelt." Eins steht schon mal fest: Es werden aufregende Zeiten für die Camerata.