Viele Unternehmen sind von einem Generationswechsel betroffen. Nachfolgemoderatoren wie Uwe-Peter Becker unterstützen Betriebe bei der Suche

Stade/Buxthude. Viele sensible Fragen gilt es zu beantworten und komplexe Aufgaben zu lösen. Für Firmeninhaber ist die Suche nach einer geeigneten Nachfolgeregelung für das eigene Unternehmen eine besondere Herausforderung. Und dabei geht es nicht nur um das naheliegende Sichern des häufig über Jahrzehnte aufgebauten beruflichen Lebenswerkes. Allein für das Kreditrating des Betriebes hat die Nachfolgefrage immense Bedeutung.

"Wenn die Bank nicht frühzeitig weiß, wie es mit der Firma künftig weitergeht, können sich die Darlehenskonditionen zum Negativen für das Unternehmen ändern, selbst wenn es gut aufgestellt ist", sagt Uwe-Peter Becker von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stade für den Elbe-Weser-Raum. Der 53-Jährige ist seit kurzem als sogenannter Nachfolgemoderator tätig. Er unterstützt betroffene Betriebe bei der Frage nach einer Nachfolgeregelung an der Unternehmensspitze.

Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandforschung sind in Niedersachsen jährlich etwa 2000 Unternehmen von einem bevorstehenden Generationswechsel betroffen. Etwa jeder zwölfte Betrieb wird mangels Nachfolgeregelung stillgelegt. Um dies zu verhindern und um Firmen intensiv auf den in der Regel drei bis fünf Jahre dauernden Übernahmeprozess vorzubereiten, haben das Land Niedersachen und die Europäischen Union zusammen mit den Handwerkskammern sowie Industrie- und Handelskammern ein gemeinsam finanziertes zweijähriges Pilotprojekt mit der Bereitstellung von vier sogenannten Nachfolgemoderatoren ins Leben gerufen.

Es ergänzt das schon bestehende Serviceangebot der Kammern in diesem Bereich über Beratungstage oder die Nachfolgebörse im Internet www.nexxt-change.org . Die Maßnahme ist ein Teil der Initiative "Niedersachsen gründet" und geht hervor aus dem 2008 gegründeten "Netzwerk Unternehmensnachfolge in Niedersachsen".

Für die in der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade organisierten Betriebe haben jetzt Corinna Sahm und Friederike Martens ihre Tätigkeit als Nachfolgemoderatorinnen aufgenommen. Für die IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum sowie für den IHK-Bezirk Lüneburg-Wolfsburg ist Uwe-Peter Becker zuständig.

Die Moderatoren suchen die vor einem Generationswechsel stehenden Unternehmen frühzeitig auf, um mit diesen eine Zukunftsperspektive zu entwickeln sowie vorhandenes Know-how und Arbeitsplätze durch eine erfolgreiche Übergabe zu sichern. "Viele dieser Betriebe stehen nicht nur für erhebliche Wertschöpfung, sondern tragen mit ihren vielen Tausend Beschäftigten auch entscheidend zur Wirtschaftsleistung des Mittelstands bei", sagt Becker.

Im IHK-Bezirk Stade sind laut Becker weit mehr als 2000 Firmeninhaber älter als 54 Jahre. Allein in den Städten Stade und Buxtehude gelte dies für mehr als 230 Unternehmerinnen und Unternehmer. "Für sie alle wird damit die Nachfolgefrage relevant, denn spätestens dann wird das Thema in den jährlichen Bankengesprächen aufgegriffen", sagt Becker und fügt an: "Die Zahl der betroffenen Betriebe dürfte noch deutlich höher liegen, da die Unternehmer häufig in mehreren Firmen aktiv sind."

Den Diplom-Wirtschaftsingenieur, der seit 1999 bei der IHK tätig ist und jahrelang die Geschäftsstelle in Celle geleitet hat, reizt an seiner Aufgabe der "ganzheitliche Ansatz". Wichtig sei für ihn als Nachfolgemoderator erst einmal herauszubekommen, was die entsprechenden Firmeninhaber selbst überhaupt möchten, wie sie ihre persönliche und die wirtschaftliche Lage ihres Betriebs sehen, und ob sie schon über einen Nachfolger nachgedacht haben. "In dieser emotionalen Situation ist eine fachlich kompetente Beratung und eine externe Sichtweise ohne gewerbliches Interesse in vertraulichem Rahmen sehr wichtig", sagt Uwe-Peter Becker.

Der Experte hat bei seiner Tätigkeit aber auch potenzielle Nachfolge-Interessenten im Blick. "Gerade für Existenzgründer kann die Übernahme eines etablierten Unternehmens bei entsprechender eigener Kapitalausstattung eine attraktive Alternative zur Neugründung darstellen, da die oftmals mühsame Aufbauphase entfällt", sagt Becker und ergänzt. "So kann direkt auf einen vorhandenen Kundenstamm und ein eingespieltes Mitarbeiterteam zurückgegriffen werden."

Neben Vertraulichkeit spiele der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung der komplexen und stets individuell zu lösenden Aufgabe. "Es gibt Fälle, da möchte ein Unternehmerehepaar die Nachfolge zum Wohle der eigenen Kinder regeln, die aber selbst nicht die Geschäftsführung übernehmen wollen beziehungsweise kein Interesse an einer unternehmerischen Tätigkeit haben", sagt Becker. Bei so einem Szenario müsse unter anderem nicht nur ein externer Geschäftsführer gesucht werden, sondern auch ein Erbvertrag vorbereitet werden, um die Kinder gleichermaßen zu berücksichtigen. Ergänzend würden die Alteigentümer eine Vermögensaufstellung erarbeiten und ermitteln, welche Zahlungen aus dem Betriebsübergang erforderlich seien, um die eigene Altersversorgung zu sichern.

Becker weist darauf hin, dass es für die Fragen der Unternehmensnachfolge auch ein Förderprogramm "Nachfolgeberatung" der NBank gibt. Die IHK Stade wird sich in der Mai-Ausgabe ihrer Zeitschrift "Wirtschaft Elbe Weser" dem Schwerpunktthema Unternehmensnachfolge widmen. "Dort werden wir das Thema darstellen, auf kommende öffentliche Veranstaltungen hinweisen und Informationen aus erster Hand anbieten", sagt Becker.

Nachfolgemoderator Uwe-Peter Becker ist bei der Industrie- und Handelskammer Stade über die E-Mail-Adresse becker@lueneburg.ihk.de zu erreichen, Corinna Sahm von der Handwerkskammer über die Adresse sahm@hwk-bls.de .