Der Wedeler Kammerchor besticht als fast perfektes Ensemble. Vater des Erfolgs ist der Dirigent Valeri Krivoborodov.

Wedel. Wenn Dirigent Valeri Krivoborodov am Sonntag, 1. April, um 20 Uhr in der Wedeler Marienkirche den Taktstock hebt, ist barocker Musikgenuss vom Feinsten garantiert. Unterstützt vom Kammerorchester wird der Wedeler Kammerchor die "Johannespassion" von Johann Sebastian Bach singen. Das ist Schwerstarbeit für die knapp 80 Sänger. Und gleichzeitig Belohnung für Monate intensiver Probenarbeit.

Takt für Takt, Note für Note, Silbe für Silbe haben die Amateure sich das Oratorium erarbeitet. Denn Dirigent Valeri Krivoborodov ist kein Freund halber Sachen. "Ich höre jeden falschen Ton und korrigiere ihn. Das wird so lange geübt, bis es ein reiner Genuss ist", sagt der 64-jährige Chorchef. Dabei ist der Musikprofi, der im Hauptberuf als Erster Cellist der Hamburger Symphoniker über die Konzertbühnen der Welt reist, offenbar nicht nur ein strenger Zuchtmeister. Sondern ein Vollblutmusiker, der mit seiner Leidenschaft für die perfekte Intonation die Sänger begeistern und zu fast professionellen Höchstleistungen anspornen kann. Bei diesem Unterfangen hilft dem Musiker, der als Vierjähriger Geige lernte und auch das Klavier beherrscht, eine besondere Gabe. "Wenn ich eine Partitur lese, kann ich sofort hören, wie sie klingt. Das ist eine große Gnade."

Seit 2003 steht der gebürtige Moskauer, der 1980 mit seiner Frau Tatiana und den beiden Töchtern während einer Konzertreise mit dem Moskauer Kammerorchester über Zypern nach Deutschland flüchtete, am Dirigentenpult in Wedel. Unter seiner Leitung brachte das Ensemble Vokalmusik aus allen Stilepochen zur Aufführung, sang Brahms und Bruckner, Mozart, Orff, Schubert und Rutter. Und viel Bach.

Nicht zuletzt deshalb, weil Perfektionist Krivoborodov ein bekennender Fan des barocken Großmeisters ist. "Ich liebe Bach, es gibt keinen besseren Komponisten", sagt der Wahl-Halstenbeker und Kulturpreisträger des Kreises Pinneberg. "Das ist absolute Musik, mathematisch fehlerfrei und trotzdem voller Gefühl." Jeder Ton trage eine Bedeutung, jedes Wort sei voller Ausdruck.

Diesen Schatz versucht Krivoborodov mit dem Chor zu heben. Werktreue ist für ihn oberstes Gebot, immer neue Interpretationen lehnt er als eitel und überflüssig ab. "Man braucht Bach nicht noch schöner zu machen. Er ist genial."

Seit der ersten "Johannespassion" unter seiner Ägide im März 2008 habe der Chor sich weiter verbessert, lobt der Chef seine Schützlinge. Die barocke Artikulation, die rhythmische Struktur, die Betonung genau auf den Punkt - das seien gerade bei der "Johannespassion" mit ihrer spannenden, opernhaften Dramaturgie wesentliche Feinheiten. "Bachs Musik ist vielschichtig. Es kommt darauf an, das Wichtige herauszuheben, Licht und Schatten hörbar zu machen", sagt der Dirigent.

Ab Juni wird er mehr Zeit für sein musikalisches Engagement im Kreis Pinneberg beim Wedeler Kammerchor und als Musikchef des Kulturkreises Halstenbek haben. Denn dann geht er als angestellter Berufsmusiker in den Ruhestand. Konzerte werde er aber nach Möglichkeit weiterhin geben, sowohl als Solist wie auch mit dem Schostakowitsch-Quartett. Das trägt den Namen eines weiteren Sterns an Krivoborodovs Himmel: Mit dem 1975 verstorbenen Komponisten hat der Musiker noch persönlich gearbeitet.

Als Solisten bei der "Johannespassion" wirken die Sänger Dorothee Fries, Claudia Darius, Stephan Zelck, Christfried Biebrach und Sebastian Naglazki mit. Karten für die "Johannespassion" gibt es für je 15 und zwölf Euro im Vorverkauf bei der Wedeler Buchhandlung Steyer, Bahnhofstraße 46.