"Schluss mit den Meisterwerken" nennt Thomas Thieme, bekannt als geniales Schauspieler-Schwergewicht, die szenische Lesung der Texte von Antonin Artaud und Heiner Müller. Klingt wie die Gegenthese zum Ehrgeiz der Festivalmacher, Superproduktionen zu präsentieren. Bernd Kauffmann, im zehnten Jahr mitverantwortlich für die Themenstellung und Programmauswahl, sieht den Begriff Meisterwerk kritisch, will ihn keinesfalls in konservativ-musealem Sinn verstanden wissen.

"Wir legen natürlich Wert auf bestimmte Formen von Qualität", betont er. "Doch sie sollen nicht zeitlos wirken, sondern die Zeit reflektieren." Der Thieme-Abend, eine Koproduktion von Movimentos und der Stiftung Schloss Neuhardenberg, sei kein Widerspruch, "weil er punktgenau zur Festival-Thematik passt und die Entgleitung des Wissens behandelt." Außerdem sei er ein außerordentlicher Akt schauspielerischer Selbstentblößung. Bei anderen Koproduktionen kennt der Kurator das Ergebnis nicht, er kauft sozusagen die Katze im Sack ein. "Zwei oder drei Dinge mit Risiko müssen sein. Wir vertrauen den Künstlern, denn wir arbeiten mit ihnen über Jahre hinweg zusammen. Oder haben sie längere Zeit im Blick, wie das Schweizer Duo Zimmermann & De Perrot, das wir erstmals zeigen." Es lohnt sich, das Risiko.