Dr. Maria Schneider über die Movimentos Festwochen im zehnten Jahr

Dr. Maria Schneider verantwortet als Kreativdirektorin der Autostadt im zehnten Jahr das Programm der Movimentos Festwochen. Ein Gespräch.

Hamburger Abendblatt:

Wo steht das Festival heute im Vergleich zu den Anfängen?

Dr. Maria Schneider:

Movimentos ist nach neun Jahren zu einer eigenen Marke geworden, zu einem Kulturfestival, das international Aufmerksamkeit erfährt. Als wir Movimentos 2003 ins Leben gerufen haben, war nicht absehbar, ob es überhaupt Interesse an zeitgenössischem Tanz geben würde. Aber wir haben schnell gemerkt, dass es eine große Tanzaffinität und Neugierde beim Publikum gibt. Das hat uns in den folgenden Jahren auch ermutigt, in neuen Formaten zu denken und das Tanzfestival zu den Movimentos Festwochen zu erweitern.

Viele große Festivals wie die Wiener Festwochen treten auch als Produzenten auf. Sie haben in diesem Jahr drei Koproduktionen im Programm, eine Europa- und vier Deutschlandpremieren. Ist das heutzutage entscheidend, um begehrte Kompanien zu holen?

Dr. Schneider:

Wichtig ist die Kontinuität, die hinter dem Gedanken der Koproduktion steckt. Für die Künstler ist es ebenso wie für die Veranstalter wichtig zu wissen, mit wem sie zusammenarbeiten. Vertrauen ist hier das Stichwort. Mit Choreografen wie Sidi Larbi Cherkaoui beispielsweise sind wir seit 2004 eng verbunden. Er hat damals in Wolfsburg den Movimentos Tanzpreis erhalten, in den folgenden Jahren war er dann mit verschiedenen Choreografien bei uns zu Gast.

Es sind einige gute alte Bekannte unter den Kompanien wie das Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan. Warum ist kontinuierliche Arbeit so wichtig?

Dr. Schneider:

Weil nur so das Vertrauensverhältnis zwischen Künstlern und Programmverantwortlichen entstehen kann. Ein beständiger, aufmerksamer Partner zu sein ist unser Ziel. Das bedeutet, Freiräume zu schaffen.

Warum haben Sie das Motto "Weisheit, Wissen, Information" gewählt?

Dr. Schneider:

Wir versuchen bei der Wahl unseres Themas, nah an der Lebensrealität der Menschen zu sein. Information ist das Modewort unserer Zeit. Viele behaupten, wir leben in einer Informationsgesellschaft, einige haben gar die Wissensgesellschaft ausgerufen. Aber verstehen wir die Welt durch die Flut von Zahlen, Daten und Fakten, die uns umgeben, wirklich besser? Die Fragen danach, wie wir dieses Wissen sortieren, die Fragen nach dem Gelingen eines sinnvollen Lebens bleiben weiter bestehen.

Bei den Konzerten setzen Sie - bis auf etwa die beiden ausverkauften Peter-Gabriel-Konzerte - auf junge Talente und Newcomer. Ganz schön mutig?

Dr. Schneider:

Wir haben mit Künstlern wie Ludovico Einaudi oder Kurt Elling Künstler eingeladen, die bereits große Erfolge gefeiert haben. Manche werden in Deutschland einfach gerade erst entdeckt. Bei den Künstlern, die am Beginn ihrer Karriere stehen, kommt wieder der Aspekt der Kontinuität und nachhaltigen Förderung zum Tragen.

Wie hat sich die Movimentos Akademie entwickelt?

Dr. Schneider:

2004 gab es die ersten Tanzworkshops, und bis heute haben Hunderte Kinder und Erwachsene an den verschiedenen Angeboten der Akademie teilgenommen. In diesem Jahr gibt es erstmals ein ganzjähriges Kursangebot, von Bühnenbild, Musik, Maske, Kostüm- und Modedesign bis hin zu Schauspiel und Dramaturgie. Die Akademie ist für mich die wichtigste Erfolgsgeschichte von Movimentos - sie schafft Kreativräume in unserer durchgetakteten Welt.

Wie wollen Sie das Festival in den kommenden zehn Jahren ausrichten?

Dr. Schneider:

Unser Ziel ist weiterhin, der Kunst ein zuverlässiger Partner zu sein. Wir wollen sowohl etablierte wie auch junge Künstler fördern. Für unsere Movimentos Akademie gilt dieser nachhaltige Ansatz besonders: Raum für Kreativität schaffen, Möglichkeiten geben, sich auszuprobieren und individuelle Fähigkeiten zu stärken - dann müssen wir uns um die kreative Zukunft wenig Sorgen machen.