Bank-Geheimnis: Dressurreiterin Franziska Sauer plaudert in der Stallgasse über sportliche Erfolge und ihre berufliche Zukunft.

Seeth-Ekholt. Franziska Sauer weiß sich zu helfen. Fröhlich läuft sie durch die Stallgasse und holt zwei Strohballen herbei. "Darauf sitze ich am liebsten", sagt die 23 Jahre alte Dressurreiterin. "Das ist nicht bequem, aber so habe ich stets meine Pferde in der Nähe." Eines heißt Chairman und ist ein 16 Jahre alter Holsteiner Wallach. Ruhig steht er hinter den Ballen und kaut auf seinen Möhren. Er schaut neugierig im Kreis herum, schnaubt und reibt manchmal die Nüstern an unseren Schultern. Ein richtiger Schmusekerl ist er.

Lacosta, die 14-jährige Holsteiner Stute, ebenfalls auf dem Lindenhof von Sabine und Uwe Sauer in Seeth-Ekholt zu Hause, ist nicht immer so friedlich wie ihr Stallgefährte. So ruhig und ausgeglichen sie ist, wenn ihre Reiterin im Wettkampf schwierige Piaffen und Pirouetten fordert, umso unbändiger präsentiert sie sich nach dem Verlassen des Dressur-Vierecks. "Wir stellen sie lieber in die Box, dann wird sie ruhiger", sagt Franziska Sauer. Vater und Mutter helfen ihr dabei.

Lacosta ist ihr Pferd für Grand-Prix-Prüfungen, Chairman setzt sie bei Turnieren nur noch in der Kleinen Tour ein. "Das ist ja auch schon ein gesetzter Herr", sagt Franziska und lächelt. Die dritte im Bunde heißt Allernixe. Die Hannoveraner Stute ist 18 Jahre alt und erwartet am 1. April ihr erstes Fohlen. So oft sie es ermöglichen kann, ist Franziska im Stall an ihrer Seite. Nachts überträgt eine Videokamera in der Box jede Bewegung des Pferdes in ihr Schlafzimmer.

Als Franziska Sauer am 18. März, dem Tag der Bundespräsidentenwahl, einer Freundin in Berlin einen Besuch abstattete, erkundigte sie sich mehrfach bei ihrer Mutter, wie es der Stute geht. "Wir sind so richtig aufgeregt. Sollte sich das Fohlen früher ankündigen, müssen wir sofort reagieren", sagt ihre Mutter Sabine. An jenem Tag hat sie im Zimmer ihrer Tochter geschlafen und von dort aus bis zum frühen Morgen Wacht gehalten.

Allernixe ist Franziska seit früher Jugend ans Herz gewachsen. Mit der Stute hat sie ihre ersten großen Erfolge errungen. Fünfmal gewann sie den Titel bei den Landesmeisterschaften in Bad Segeberg. "Auf Allernixe konnte ich mich immer verlassen", erinnert sich Franziska. Ihre Eltern hatten ihr die Stute, die einige Zeit zum Verkauf stand, zum 18. Geburtstag geschenkt. Von diesem Tag an waren die beiden unzertrennlich.

Ihr Vater Uwe, Mannschafts-Olympiasieger 1984 in Los Angeles, hat sie zu einer Top-Dressurreiterin ausgebildet und begleitet sie heute noch zu Turnieren. Dann steht er am Rande des Dressurplatzes und beobachtet aufmerksam die Vorstellung seiner Tochter. Er lobt sie, aber er spart auch nicht mit Kritik, wenn sie seiner Meinung nach angebracht ist. Meistens sagt er jedoch: "Gut gemacht habt ihr beiden das."

Franziska begann im Oktober 1994 auf dem Hamburger Derbyplatz mit einer Führzügelprüfung mit ihrem Ponny "Emma" (Platz zwei) und hat sich mittlerweile bis zur Grand-Prix-Klasse hoch gekämpft. Mit Lacosta und Chairman ist sie in der Regel bei allen Turnieren im Kreis Pinneberg dabei - am liebsten auf dem Anakenenhof in Pinneberg, dem Lindenhof in Schenefeld und am Wedeler Catharinenhof. Gerne würde sie beim Deutschen Derby (17. - 20. Mai) in Hamburg-Klein Flottbek reiten: "Bisher hat mir Veranstalter Paul Schockemöhle allerdings noch keine Einladung geschickt."

Trotz aller sportlichen Aktivitäten, ihr Jurastudium in Hamburg will Franziska nicht vernachlässigen. Gerade absolviert sie am Amtsgericht in Elmshorn ein vierwöchiges Praktikum. "Das bereitet mir großen Spaß", sagt sie. Wenn diese Zeit zu Ende ist, beginnt für sie wieder der Ernst des Lebens: Das achte Semester steht vor der Tür. Anderthalb Jahre dauert ihr Studium noch. Ob sie nach dem Staatsexamen eines Tages Richterin oder Staatsanwältin wird oder ob sie künftig in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten gedenkt, hat sie noch nicht entschieden.

Der Tag ist lang. Morgens um 6 Uhr steht sie auf, fährt anschließend mit dem Auto zum Bahnhof nach Elmshorn, von dort mit dem Zug zum Hamburger Dammtor. Um 15 Uhr ist Franziska wieder zu Hause, eine Stunde später geht es los mit dem Training: Leichttrab, Schritt und Galopp. Immer wieder Piaffen und Pirouetten üben, bis 19 Uhr. Riesenschnauzer "Hexe" und Jack Russell Terrier "Fiete" sind mitten drin im Getümmel der 25 Pferde auf dem Lindenhof. Erst danach beginnt für sie das Privatleben. "Viel Zeit für Hobbys bleibt jedoch nicht", sagt Franziska Sauer.