Ein Selbstversuch: Überleben ohne Kommunikations- und Unterhaltungsmedien

Eine Woche ohne Handy, MP3-Player, Playstation, Fernsehen und Laptop. Also auch eine Woche ohne Internet und Facebook. An einem Freitag entschied ich mich spontan, die folgende Woche ohne Unterhaltungselektronik zu überleben. Ich wettete mit meinem Onkel, der der Meinung war, dass ich genauso wie viele andere Jugendliche viel zu abhängig von der modernen Medienwelt sei. Ich wusste natürlich, dass mein Onkel recht hatte. Aber ehrgeizig, wie ich bin, wollte ich ihm das Gegenteil beweisen. Schließlich betraf es ja nicht nur mich, sondern auch die Ehre vieler anderer Jugendlicher.

Am Wochenende vor dem Selbstversuch saß ich fast durchgehend am Laptop und versuchte, mich damit von der bevorstehenden Veränderung abzulenken. Am Sonntag um 23.59 Uhr fuhr ich den Laptop herunter, schaltete mein Handy aus und zog den Stecker meiner Playstation heraus.

Schon der erste Morgen verlief schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte. Als Erstes wurde ich unsanft von meinem Bruder und nicht, wie gewohnt, von meinem Handy geweckt. Anschließend machte ich mich lustlos für den bevorstehenden Schulausflug fertig. Auf dem Weg zur S-Bahn fragte ich mich ständig, wie ich das wohl schaffen würde und ob mein Onkel nicht doch recht hatte. Als ich meine Mitschüler traf, erzählte ich noch selbstbewusst von meinem Vorhaben und wurde ausgelacht. Keiner traute jemandem wie mir zu, das auszuhalten.

Der Ausflug mit der Klasse war Ablenkung für mich. Danach ging ich mit einem Klassenkameraden ins Fitnessstudio. Zu Hause kam ich erst gegen 16.30 Uhr wieder an. Nachdem ich etwas gegessen hatte, vergingen die Minuten wie Stunden. Was hätte ich auch tun sollen? Selbst beim Essen musste ich aufs Fernsehen verzichten. Ich saß lange im Wohnzimmer und starrte ins Leere. Schließlich ging ich los, um meine Freunde zum Fußballspielen abzuholen. Nachdem ich den Ersten nicht angetroffen hatte, war ich sehr erleichtert, als ich einem anderen glücklicherweise über den Weg lief. Ich hatte mich ja mit keinem vorher am Telefon absprechen können.

Wir spielten mindestens zwei Stunden lang zusammen. Gegen 20 Uhr war ich wieder daheim und freute mich sehr auf meine warme Dusche, bis mir schmerzlich bewusst wurde, dass ich dabei leider keine Musik hören durfte. Nach dem Abendessen räumte ich freiwillig mein Zimmer auf. Danach gab es für mich keinen Grund mehr, wach zu bleiben. Also ging ich notgedrungen schlafen. Zunächst vergeblich versuchte ich einzuschlafen, da ich sonst in der Woche für gewöhnlich erst gegen22.30 Uhr ins Bett gehe.

Der nächste Tag verlief hoffnungsvoller. Hier begann ich nach der Schule, ausgeliehene Bücher zu lesen - hatte ja nichts Besseres zu tun. Ich war so begeistert vom Lesen, dass ich an diesem Tag ein Buch mit 130 Seiten las, wofür ich gerade mal fünf Stunden brauchte. Der dritte Tag verlief ähnlich. Ich schaffte es erneut, ein Buch auszulesen, und war erleichtert, eine Ablenkung gefunden zu haben. Doch dann kam die Wende: Am vierten Tag verging mir der Spaß am Lesen, ich war müde. Das Einzige, womit ich mich beschäftigte, waren meine Hausaufgaben. Alle meine Freunde hatten keine Zeit. Gegen 23 Uhr, als ich schon längst im Bett lag, kam meine Entscheidung, das Handtuch zu werfen.

Als ich am folgenden Tag aufwachte, war ich wieder voller Energie. Nun konnte ich auch den Film mit angucken, den wir in der Schule sehen sollten. In der Pause ging ich zu einem Klassenkameraden und verlangte nach seinem Handy und seinen Kopfhörern. Ich genoss es, endlich wieder Musik hören zu dürfen. Zu Hause saß ich dann wieder an meinem Laptop, schaute nebenbei das Fernsehprogramm, hörte Musik. Ich hatte viel verpasst.

Aus dieser Woche lernte ich, dass es wirklich nicht leicht ist, heutzutage auf die moderne Medien- und Kommunikationswelt zu verzichten. Ich frage mich oft, wie die Menschen früher ohne all das gelebt haben. Mir ist es jedenfalls nicht möglich!