Intensives Sicherheitstraining für die Schiffsbesatzungen

Eine signalrote Rettungsinsel dümpelt im Schwimmbad in Elsfleth im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch im 29 Grad warmen Wasser. Quarn Phillips lässt sich als erster vom Beckenrand ins Wasser gleiten, stellt seine Füße in die dafür vorgesehene Schlaufe und erklimmt mit einem Ruck die Insel. "Das war gar nicht so schwer", sagt der 23-jährige Jamaikaner mit einem Grinsen. Nacheinander tun es ihm die übrigen 30 jungen Männer und Frauen gleich. Der Umgang mit Rettungsinsel, -weste und Überlebensanzug gehören zum obligatorischen Sicherheitstraining, das das Servicepersonal des Kreuzfahrtschiffs "Disney Fantasy" derzeit im Maritimen Kompetenzzentrum in Elsfleth absolviert.

Noch liegt der neue Luxusliner der Reederei Disney Cruise Line bei der Papenburger Meyer Werft. Doch schon im Frühjahr soll die "Disney Fantasy" von Port Canaveral in Florida aus einwöchige Karibik-Kreuzfahrten unternehmen. Bevor es so weit ist und die Crewmitglieder die Gäste an Bord willkommen heißen, ihre Betten machen und ihnen Drinks servieren, werden alle 800 Servicekräfte zum eintägigen Sicherheitstraining nach Elsfleth geschickt.

"Die Disney Cruise Line legt großen Wert darauf, dass die Service-Crew entsprechend den internationalen Sicherheitsstandards geschult wird", sagt Kapitän Martin Schimmelpfennig, der am Kompetenzzentrum für die Theorie zuständig ist und auch schon die Crew des Schwesterschiffs "Disney Dream" ausgebildet hat. "Der erste Schritt ist, dass sie lernen, wie sie sich in einem Notfall zu verhalten haben", erklärt Schimmelpfennig. "Sie sollen in der Lage sein, sich selbst zu retten und den Passagieren zu helfen." Dazu gehöre, dass bei einer Havarie jedes Besatzungsmitglied und jeder Passagier seine Rettungsweste anlegt und sich zu seinem Sammelplatz begibt. Dort gäben dann die Offiziere weitere Anweisungen - beispielsweise die, in die Rettungsboote zu steigen. Denn "die Rettung organisieren im Notfall die Seeleute", weiß Schimmelpfennig. Das Sicherheitstraining für Seeleute sei entsprechend umfangreich. Ein Kursus dauere vier Wochen. Nach Ansicht des Kapitäns sollte sich das Hotelpersonal ebenso wie die Besatzung mit dem Schiff vertraut machen. "Das ist wie eine schwimmende Kleinstadt", sagt der 56-Jährige, "und diejenigen mit den Ortskenntnissen können den Passagieren helfen, die ihnen ja vertrauen." Schimmelpfennig rät übrigens auch Passagieren, wenn sie an Bord kommen, "initiativ zu werden und sich über Sammelplätze, Rettungsboote und Fluchtwege zu informieren".

Für den anschließenden praktischen Teil geht's ins Elsflether Schwimmbad. "Dort gibt es einen Flachwasserbereich", erklärt Dozent Holger Heinemann, der in Wilhelmshaven eine Tauchschule betreibt. Da ein Teil der Gruppe nicht schwimmen könne, sei es in dem vier Meter tiefen Schwimmbecken des Trainingszentrums zu gefährlich. Der Jamaikaner Quarn Phillips ist nach eigenen Worten gern im Wasser und entert denn auch als erster die Rettungsinsel. Anschließend müssen die Crewmitglieder mit Schwimmwesten vom Einmeterbrett springen und im signalroten Neoprenanzug eine 25-Meter-Bahn schwimmen. Heinemann gibt vom Beckenrand Tipps und erklärt den Teilnehmern: "Die größte Gefahr bei einem Unfall ist die Unterkühlung. Daran sterben die meisten Menschen." Was hier spielerisch geübt wird, könnte im Falle eines Falles lebensrettend sein.