Das wissenschaftliche Konzept des Wettbewerbs ist seit Jahren unverändert geblieben, die Zahl der Teilnehmer hingegen deutlich gewachsen. Professor Werner Sarges über Hintergründe und Erfolgsfaktoren

Der Experte für Personal-Diagnostik an der Helmut-Schmidt-Universität, Professor Dr. Werner Sarges, hat Hamburger Firmen genau unter die Lupe genommen, nach einer wissenschaftlich fundierten Methode analysiert und für Audits einige der Unternehmen selbst aufgesucht.

Hamburger Abendblatt:

Herr Prof. Sarges, Sie leiten den Wettbewerb "Hamburgs beste Arbeitgeber" zum vierten Mal. Haben Sie an der Untersuchungsmethode etwas verändert?

Professor Dr. Werner Sarges:

Das wissenschaftliche Konzept hat sich in den letzten drei Jahren bewährt. Wir hatten zwar immer wieder Ideen, die Fragen zu ergänzen und die Erhebung somit um weitere Facetten zu erweitern, sind jedoch zu der Überzeugung gelangt, eine durchgängige Konstanz bei der Erhebung vorzuziehen. Da mittlerweile viele Firmen jedes Jahr wieder teilnehmen, bieten wir mit dem Untersuchungsbericht diesen Firmen ein zuverlässiges Benchmark, ob sich die eigene Arbeitgeberqualität verbessert hat. Das zeigt sich übrigens auch im diesjährigen Ranking: Einige der Firmen, die erneut teilnehmen, haben sich in der Bewertung erfreulich verbessert.

Welches sind die Kernthesen aus der Untersuchung?

Sarges:

Die Untersuchung geht davon aus, dass sich die Attraktivität eines Arbeitgebers durch einen guten Umgang miteinander sowie den Umstand auszeichnet, dass die Mehrheit der Beschäftigten im Unternehmen eine ähnliche Auffassung davon hat, wie die Zusammenarbeit miteinander verstanden wird und geregelt ist. Um das zuverlässig einschätzen zu können, dienen uns drei Ansätze: Wir bewerten maßgebliche Grundzüge der Unternehmenskultur und ergänzen die hier gewonnenen Eindrücke durch klassische Faktoren, wie sie auch aus dem EFQM-Modell (European Foundation of Quality Management) bekannt sind. Darüber hinaus erfassen wir die symbolisch wahrgenommene Unternehmenspersönlichkeit und benennen deren jeweiligen Stärken und Entwicklungsfelder.

Welche Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt lassen sich von den Ergebnissen ablesen?

Sarges:

Aus der Teilnahme einer Firma am Wettbewerb auf generelle Tendenzen auf dem Hamburger Arbeitsmarkt zu schließen, ist naturgemäß sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich. Grundsätzlich spüren wir jedoch eine positive Grundstimmung in den meisten Firmen, die durchaus optimistischer in die Zukunft schauen, als oftmals durch die Medien vermittelt wird.

Hat Sie etwas an den Ergebnissen überrascht?

Sarges:

Die Anziehungskraft des Wettbewerbs für gute Arbeitgeber ist in diesem Jahr offensichtlich nochmals gestiegen. Wir hatten noch nie so viele sehr gute Unternehmen im Wettbewerb. Das zeigt sich insbesondere an den zehn Fünf-Sterne-Bewertungen. Darüber freue ich mich sehr! Allerdings hat uns ein Umstand auch etwas verwundert: Offenbar ist die Auszeichnung "Hamburgs bester Arbeitgeber" so attraktiv, dass wir in diesem Jahr einen ersten offensiven Versuch nach verfälschender Beeinflussung der Mitarbeiterantworten zum Positiven hin ("Doping" sozusagen) verzeichnen konnten, den wir aber aufdecken und entsprechend bewerten konnten.

Was bedeutet die Teilnahme für die Firmen?

Sarges:

Eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb erhöht die Sichtbarkeit einer Firma, was insbesondere für ansonsten vielleicht nur wenig bekannte Firmen wichtig ist. Bewerbungen sind sehr unterschiedlich verteilt: Es gibt immer wieder Firmen, an die Bewerberinnen und Bewerber häufiger denken als an andere. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen haben es da nicht leicht, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren, weil man über sie kaum etwas weiß oder ihnen noch kein eigener Ruf vorauseilt. Solche Firmen profitieren immens.

Welchen Wert hat ein Preis für die ersten zehn Fünf-Sterne-Plätze?

Sarges:

Folgt man den Schilderungen von Firmen, die entsprechende Platzierungen in den vergangenen Jahren errungen haben, gibt es im Wesentlichen drei Effekte: Die Zahl der Bewerbungen steigt deutlich, teilweise auf das Doppelte. Die Qualität der Bewerbungen steigt, weil sich nun plötzlich auch mehr qualifizierte Bewerber melden, die sich zuvor ausschließlich woanders beworben hätten. Zudem trägt der Stolz der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spürbar zur Identifikation mit dem eigenen Unternehmen bei.

78 Firmen haben sich Ihrer Prüfung gestellt, das sind 31 mehr als im Vorjahr. Was ist der Grund für diesen Anstieg?

Sarges:

Es gibt verschiedene Wettbewerbe, die Arbeitgeber-Attraktivität einschätzen. Unser Ansatz ist bewusst auf Firmen ausgerichtet, die regional Personal rekrutieren - und das ist die Mehrheit der Hamburger Betriebe. Sich als guter Arbeitgeber in der Hamburger Region zu präsentieren, ist schon allein deshalb für die allermeisten Unternehmen klug, weil weit über zwei Drittel der neuen Mitarbeiter aus dem direkten Umfeld kommen. Große Organisationen sind oftmals auch an überregionalen, wenn nicht globalen Vergleichswerten interessiert und nehmen daher an Arbeitgeberwettbewerben teil, die genau diese Ausrichtung bedienen. Dennoch: Mit der Deutschen Post, TUI Cruises, Hanse Merkur, Reemtsma oder Hermes haben wir im diesjährigen Wettbewerb durchaus auch Firmen im Teilnehmerfeld, die sich zu Recht ebenfalls als große Unternehmen bezeichnen. Der Wettbewerb "Hamburgs beste Arbeitgeber" ist ideal, um sich bei den Hamburgern als attraktiver Arbeitgeber bekannt zu machen - und das macht Sinn, wie die steigenden Anmeldezahlen zeigen.

Bislang wurden Sonderpreise für Unternehmenskultur, Kundenorientierung, Integration und Gewissenhaftigkeit vergeben. Weshalb vergeben Sie in diesem Jahr Sonderpreise nach Branchen?

Sarges:

Wir haben uns in diesem Zusammenhang an den Wünschen der teilnehmenden Firmen orientiert, die diese an den Ausrichter herangetragen haben. Den Firmen war es offenbar mehr wert, in einem Brachen-Ranking an erster Stelle zu stehen, als einen Sonderpreis für ein bestimmtes besonders herausragendes Inhaltsfeld wie z. B. für eine herausragende Qualitätsorientierung zu erhalten. Eine auf Branchen bezogene Sonderpreisvergabe ist für die Firmen mit Blick auf die interne und externe Unternehmenskommunikation offenbar besser geeignet.