Das Mittelmanagement meistert nur, wer Druck von oben aushält und seine Mitarbeiter führen und motivieren kann

Sie sind die Umsetzer. Sie sorgen dafür, dass Unternehmen ihre Ziele erreichen. Sie motivieren die Mannschaft und führen sie zum Erfolg. Nein, es sind nicht die Topmanager gemeint, die die Schlagzeilen dominieren. Die Rede ist von Führungskräften der mittleren Ebene, sogenannten Mittelmanagern. Das sind die Führungskräfte zwischen oberster und unterster Führungsebene, also die Abteilungs- und Bereichsleiter oder Projektführungskräfte.

"Sandwichposition" nennen Fachleute wie der Management-Autor Alexander Groth die Stellung in der Unternehmenshierarchie. Von oben kommt Druck und viel zu wenig Anerkennung. In Richtung Mitarbeiter sind täglich Führungsqualitäten gefragt. Die üblichen Machtspielchen und Ellenbogen-Checks fordern vor allem in größeren Organisationen ein gesundes Maß an Selbstbehauptung im Managerkreis.

In einer breit angelegten Studie fragte das Beratungs- und Weiterbildungsunternehmen ComTeam bei den Mittelmanagern genauer nach. Die Ergebnisse bestätigen viele Vermutungen, überraschen aber auch an mancher Stelle. So war für die meisten der Befragten die Sandwich-Problematik kein Problem. Sie sitzen fest im Sattel, fühlen sich respektiert, sind mit der Leistung ihrer Mitarbeiter und mit ihrer Vergütung zufrieden. So weit jedenfalls die Selbstauskunft. Für diesen sicheren Arbeitsplatz zahlen sie einen Preis: "Die Arbeitsbelastung ist hoch, die Ressourcen sind knapp, die Karriereaussichten sind trüb, und die Macht in der Mitte hat ihre Grenzen", bringt es die ComTeam-Studie auf den Punkt.

Mehr als ein Viertel der Befragten sind mit der Arbeitsbelastung unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden. Das verwundert kaum. 40 Stunden pro Woche arbeiten fast alle. Jeweils ein Viertel kommt sogar auf 45 bis 50 Stunden. Gut ein Drittel investiert 50 bis 60 Stunden für den Führungsjob. Grundsätzlich bestätigt das Ergebnis die Regel: Je höher die Position, desto höher die Wochenarbeitszeit. Denn unter Geschäftsführern und Vorständen arbeitet jeder zweite mehr als 50 Stunden pro Woche.

Der Berater und Führungscoach Olaf Hinz rät dazu, nicht blind und ohne nachzudenken in eine Beförderung ins Mittelmanagement einzuwilligen. Neben der höheren Arbeitsbelastung ändern sich die Rolle und die Anforderungen an die Persönlichkeit. Aus seiner Praxis empfiehlt er Fragen, die zum Beispiel bei der Entscheidung Führungs- oder Fachkarriere helfen können: "Kann ich damit umgehen, dass ich Dinge zu entscheiden habe, die ich fachlich nicht mehr hundertprozentig durchdringe? Kann ich mit diesem Risiko leben oder bereitet mir das schlaflose Nächte? Habe ich Lust darauf, Einfluss nach oben zu nehmen? Traue ich mir zu, in einem Führungsgremium eine abweichende Meinung zu vertreten?"

Ob man der Führungsposition im mittleren Management gewachsen ist oder nicht, zeigt sich erst in der konkreten Situation. Ein Scheitern führt in den meisten Fällen zum Ausscheiden aus dem Unternehmen. Ein Zurück gibt es nicht. In gewisser Weise ist das paradox, findet Hinz: "Ich muss in etwas rein, was ich kaum verstehen kann, bevor ich es nicht erlebt habe. Doch es ist eine souveräne Entscheidung, dahin zu gehen, wo man am wirksamsten ist."

Doch wie werden eigentlich Manager auf ihre Führungsrolle vorbereitet? Eigentlich gar nicht, meint Alexander Groth. Denn von wenigen Ausnahmen, wie dem Militär, abgesehen, gibt es keine systematische Führungsausbildung. So beklagen auch über 40 Prozent der mittleren Ebene eine mangelhafte Vorbereitung auf die Führungsaufgaben. Glücklich sind die, die selbst einen guten Chef als Vorbild haben oder hatten.

Mittelmanager müssen gute Kommunikatoren, Teambilder, Vermittler und Macher sein. Diese Fähigkeiten sind selten angeboren. Sie müssen gelernt und geübt werden. Auf die Frage, was sie sich in der Einarbeitungsphase gewünscht hätten, nennen die meisten einen Coach oder die Unterstützung durch Vorgesetzte. Von einem Bereichs- oder Abteilungsleiter erwartet man einfach, dass er strategische Ziele mit seiner Mannschaft umsetzt, Probleme auch unter Ressourcenmangel zügig löst und nicht motiviert werden muss.

Da sich Führungsstil immer von oben nach unten durchsetzt, führt das leider häufig dazu, dass Mitarbeiter über zu wenig Anerkennung klagen. Nur 28 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen fühlen sich angemessen gewürdigt, hat eine Studie der Online-Plattform Stepstone herausgefunden. Damit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa. Der Ausdruck persönlicher Wertschätzung kostet nichts und wirkt direkt auf die Mitarbeiterzufriedenheit. "Der gute Draht zum Chef" und persönliche Kommunikation sind extrem wichtig für die Motivation und Leistungsbereitschaft.

Eine der wichtigsten Herausforderungen der Zukunft besteht für Manager auf der mittleren Führungsebene im Umgang mit Veränderung. Früher gab es Change-Projekte, beschreibt Alexander Groth die Situation. Danach zog wieder für drei bis vier Jahre Ruhe ein. Das gibt es in Zukunft nicht mehr, meint Groth. Die Fähigkeit, sich auf Veränderungen einzustellen, wird immer wichtiger. Unternehmen, die sich schneller an Marktveränderungen anpassen können, haben einen Wettbewerbsvorteil. Die Schnellen fressen die Langsamen. Für Führungskräfte gilt dasselbe. Ein Manager ist immer auch Change-Manager. Das jedoch ist noch nicht in allen Köpfen angekommen.

Fragt man Mittelmanager, welche Kompetenzen im Unternehmen stärker gefördert werden sollten, stehen die Soft Skills im Vordergrund. Das Führen und die Entwicklung von Mitarbeitern, ein lösungsorientierter Verhandlungsstil, die eigene Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikationsfähigkeiten und das Achten von Balance stehen auf der Wunschliste. Damit offenbaren die Befragten einen realitätsnahen Blick auf die eigene Situation.

Denn Führen bedeutet in Zukunft auch: "Dass es immer mehr Junge geben wird, die Ältere führen müssen", sagt der Demografie-Experte Ben Krischausky. Das Senioritätsprinzip, bei dem nach Lebensalter befördert wird, ist in der Wirtschaft längst passé. In seinen Workshops konfrontiert er Führungskräfte mit der herausfordernden Botschaft: "Die Mitarbeiter, die ihr jetzt habt, bleiben bis zum 67. Lebensjahr."

Die Fähigkeit, sich in das Umfeld des anderen hineinzuversetzen, Change-, Konflikt- und Kommunikationskompetenz werden also zu elementaren Treibern produktiver Unternehmensentwicklung. Soft Skills sind der Karrieremotor im Mittelmanagement.