Die Hamburger Ostertöne mit neuem Blickwinkel

Der besondere Reiz der Hamburger Ostertöne lag von Anbeginn an in der spannungsreichen Gegenüberstellung von gestern und heute. Das Thema "Brahms und Moderne" bildete lange den dramaturgischen roten Faden der Festival-Programme; das wird auch 2012 wieder so sein. Die Moderne ist in diesem Jahr vor allem durch die Musik der Residenz-Komponistin Isabel Mundry vertreten. Die Herausforderung, zum siebten Mal in Folge ein Festival mit Werken von Brahms zu bestücken und trotzdem Neues zu bringen, hat die Dramaturgin Katrin Zagrosek auf originelle Art gelöst: Etliche Werke des Meisters werden in Bearbeitungen zu hören sein.

Das beginnt schon beim obligatorischen ersten Programmpunkt aller Ostertöne, der Aufführung von Brahms' "Deutschem Requiem" am Karfreitag. In diesem Jahr wird im Großen Saal der Laeiszhalle zur Abwechslung die Fassung für Chor, Solisten und Klavier zu vier Händen zu hören sein, die "uns Hannes" eigenhändig von seinem Hauptwerk erstellt hat. Da mit Markus Hinterhäuser und Elisabeth Leonskaja zwei herausragende Pianisten auf der Bühne sitzen, wird man das Fehlen eines Orchesters sicher verschmerzen können. Chor und Leitung sind eh vom Feinsten: Es singt der NDR Chor, Ivor Bolton steht am Pult.

Auch das zweite Karfreitagskonzert zeigt Hamburgs Musikikone durch die Brille - in diesem Fall - zeitgenössischer Bearbeiter gesehen: Für das Konzert vom Ensemble Resonanz in der Kulturkirche Altona haben Kompositionsstudenten von Isabel Mundry Brahms' Intermezzi op. 117 und 118 für Streichduo und -trio bearbeitet. Glanzstück des Abends wird sicher die Uraufführung des neuen Werkes, das Mundry im Auftrag der Ostertöne für die Resonanzler geschrieben hat.

Und auch zum Abschluss, am Ostermontag, gibt es noch einmal Altbekanntes in neuer Besetzung. Die Philharmoniker Hamburg spielen dann unter der Leitung ihrer Chefin Simone Young das Violinkonzert D-Dur op. 77, arrangiert für Klavier von Dejan Lazic. Am Flügel sitzt der Brahms-Bearbeiter persönlich. Die musikalische Jetztzeit wird durch Bernd Alois Zimmermanns "Stille und Umkehr" und Mundrys "Nocturno" vertreten.

Eine passendere Residenz-Komponistin als Isabel Mundry hätten die Ostertöne schwerlich finden können, denn das Verhältnis von Geschichte und Gegenwart ist in ihren Werken auf vielfältigste Weise Thema. Das zeigen auch jene beiden Werke, die zusammen mit Brahms' Klaviertrios op. 8 und 87 am Ostersonntag beim Kammerkonzert im Kleinen Saal der Laeiszhalle gespielt werden: "falten und fallen" schrieb Mundry im Mozart-Jahr 2006 für einen historischen Hammerflügel und die Großmeister des zeitgenössischen Streichquartetts, das Arditti Quartet. Bei den Ostertönen werden nun Nicolas Hodges und das Galatéa Quartett diese Begegnung zweier Epochen zum Klingen bringen. "Linien, Zeichnungen" für Streichquartett dagegen ist ein Stück, das Mundry auf der Vorlage eines eigenen, älteren Werkes komponiert hat.

Am Ostermontag gibt der Pianist Nicolas Hodges ein Solo-Recital mit Etüden von Mundry und ihrem Vorbild Claude Debussy. Brahms' Intermezzi op. 117 - diesmal im Original - werden flankiert von Brice Pausets "Sept Canons". Quasi außer Konkurrenz, weil komplett Brahms-frei, läuft dagegen das Konzert des Gustav Mahler Jugendorchesters: Ingo Metzmacher dirigiert Werke von Wagner, Webern, Skrjabin und Bernd Alois Zimmermann.

Zwei unverzichtbare Programmpunkte aller Ostertöne dürfen natürlich auch 2012 nicht fehlen: Am Ostersonntag lädt die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen (nicht nur) die lieben Kleinen zum musikalischen Ostereiersuchen quer durch alle Säle der Laeiszhalle ein. Ein gesetzter Termin ist auch die Liedernacht mit Simone Young am Klavier und Mitgliedern des Internationalen Opernstudios. Und auch da bleibt die Künstlerische Leiterin Simone Young der Linie der Ostertöne treu: Auf dem Programm stehen Lieder von Brahms, Debussy und Mundry.

Die Hamburger Ostertöne im Überblick

Freitag, 6. April

Brahms: Requiem 11.00, Laeiszhalle (Großer Saal)

Ensemble Resonanz 19.00, Kulturkirche Altona

Sonnabend, 7. April

Offenes Singen mit Simone Young 14.00, Laeiszhalle (Studio E)

Gustav Mahler Jugendorchester 20.00, Laeiszhalle (Großer Saal)

Liedernacht 22.30, Laeiszhalle (Brahms-Foyer)

Sonntag, 8. April

Musikalische Ostereiersuche 15.00, Laeiszhalle, Einlass Studio E

Kammerkonzert 20.00, Laeiszhalle (Kleiner Saal)

Montag, 9. April

Recital Hodges 17.00, Laeiszhalle (Kleiner Saal)

Philharmoniker Hamburg 20.00, Laeiszhalle (Großer Saal)

Karten unter T. 35 76 66 66; www.ostertoene.de