Ein Editorial von Mark Hübner-Weinhold
1975, also einige Jahre, bevor die heutige Generation von Studierenden geboren wurde, erschien ein Album der legendären Gruppe Supertramp, ein Klassiker mit dem Titel "Crisis! What crisis?". Das Cover zeigt in Farbe einen Mann in Badehose, mit Sonnenbrille, Cocktail und Kofferradio unter einem grellorangen Sonnenschirm. Alles andere im Hintergrund ist Schwarz-Weiß: Rauchende Industrieschlote und zerfallende Arbeiterbaracken.
Dieses Bild ist zeitlos. Es symbolisiert die Gelassenheit, eine Krise auszusitzen und das Beste aus dem Leben zu machen. Genau diese lässige Haltung brauchen Sie, die angehenden oder frisch gebackenen Hochschulabsolventen, in diesen Monaten.
Sie beenden Ihr Studium mitten in der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Die Finanzmärkte schwächeln, Euroland schwankt, die Schulden deprimieren Bund, Länder und Kommunen. Na, und?
Bleiben Sie gelassen. Unser Land braucht Sie. In der Wirtschaft, in der Forschung, in der Verwaltung. Ihr Wissen, Ihre Kreativität, Ihre Neugier, Ihren Leistungswillen. Und unser Land braucht Sie verdammt lange! Oder glauben Sie ernsthaft, dass Sie schon mit 67 Jahren in Rente gehen können?
Sie werden länger arbeiten als jede Generation vor Ihnen. Sie werden mit wirtschaftlichen, technischen und sozialen Veränderungen konfrontiert werden, die wir heute kaum erahnen können. Sie sind die Speerspitze der sogenannten Digital Natives, jener jungen Menschen, die mit Internet und Mobilfunktechnik aufgewachsen sind.
Lassen Sie sich davon nicht beunruhigen. Auch nicht von der Krise. Denn die Arbeitswelt steht Ihnen offen, wenn Sie klug, motiviert und mobil sind. Junge Fachkräfte wie Sie sind die wichtigste Ressource dieses Landes.
Mag sein, dass manche Arbeitgeber immer noch auf dem hohen Ross sitzen und Sie sich durch altertümliche Auswahlverfahren quälen müssen. Doch der dramatische Mangel an Fachkräften bedeutet schon bald: Unternehmen werden sich um Sie bewerben, nicht umgekehrt.