Anforderungen an und Berufschancen für Physiotherapeuten steigen

Physiotherapeuten helfen Menschen nach Verletzungen und Erkrankungen wieder "auf die Beine". Das ist wörtlich zu nehmen, denn Physiotherapeuten beschäftigen sich vorwiegend mit dem Bewegungsverhalten des Menschen. Die Experten wenden zahlreiche verschiedene Techniken bei ihren Patienten an, mit denen sie Schmerzen lindern, Heilungsprozesse fördern und Krankheiten vorbeugen können.

Der Bedarf ist groß und wird wachsen: Da die Bevölkerung immer älter wird, steigt der Pflege- und Therapiebedarf. Innerhalb von acht Jahren ist die Zahl der Physiotherapeuten um rund 75 Prozent gestiegen: von 66 000 im Jahr 2000 auf 115 000 in 2008. Diese Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen eine deutliche Sprache, aber sie sagen nicht alles aus. Denn auch die qualitativen Anforderungen an die Physiotherapeuten werden höher - und so rückt die akademische Ausbildung, wie sonst in Europa üblich, auch in Deutschland in den Vordergrund.

Physiotherapeuten arbeiten in nahezu allen medizinischen Fachbereichen und behandeln Patienten von jung bis alt. Entwicklungsrückstände im Säuglings- oder Kleinkindalter bedürfen einer schnellen und sorgfältigen physiotherapeutischen Behandlung, um Folgeschäden zu vermeiden. Menschen nach Knochenbrüchen und Bänderverletzungen wieder in Bewegung zu bringen, gehört zur Alltagsroutine von Physiotherapeuten. Auch Patienten mit chronischen Gelenkerkrankungen wie Rheuma oder Arthrose nehmen physiotherapeutische Hilfe in Anspruch.

Mit einer individuell abgestimmten Behandlung üben Physiotherapeuten gezielte Reize auf den menschlichen Körper aus. Für den Therapieerfolg ist die Motivation der Patienten entscheidend, denn sie müssen oft auch außerhalb der Behandlungszeiten selbstständig üben.

Insbesondere bei der Arbeit mit Kindern, aber auch bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten ist es wichtig, die Angehörigen in den Therapieprozess einzubeziehen. Soziale Kompetenzen und psychologisches Gespür sind hier gefragt. Die Verletzungen und Erkrankungen der Patienten können gravierend sein, von Fall zu Fall ist auch eine vollständige Heilung nicht möglich. Dann lautet das übergeordnete Ziel bei der Therapie, entsprechende körperliche Ausfälle - zum Beispiel Lähmungserscheinungen - bestmöglich zu kompensieren.

Neben der Behandlung von kranken und verletzten Menschen gewinnt die vorbeugende Arbeit (Prävention) der Physiotherapeuten an Bedeutung. Sie beraten in Fragen der gesunden Lebensführung und geben Vorsorgekurse, zum Beispiel zur rückenschonenden Haltung am Arbeitsplatz. Höchstleistungen im Sport sind ohne physiotherapeutische Unterstützung kaum noch denkbar. Auch im Fitness- und Wellnessbereich ist physiotherapeutisches Know-how gefragt. Veränderungen im Lebensstil und der ungebrochene Trend zu einer sportlich aktiven Freizeitgestaltung eröffnen neue berufliche Perspektiven.

Die Ausbildung von Physiotherapeuten findet in Deutschland hauptsächlich an Berufsfachschulen statt und dauert drei Jahre. Daneben gibt es verschiedene Studienangebote, die meist auf der Berufsausbildung aufbauen. Ein grundständiges Studium, bei dem die angehenden Physiotherapeuten vom ersten Semester an praxisnah studieren, bietet bislang nur die Hochschule Fresenius in Idstein an - ab September 2010 auch in Hamburg. Bereits seit Anfang der Neunzigerjahre fordern die Berufsverbände die Einführung solcher grundständigen Studiengänge. Die Politik hatte jedoch bis zum vergangenen Jahr diesen Forderungen eine Absage erteilt.

Mit der Einführung der sogenannten "Modellklausel" gelang 2009 ein erster Durchbruch: Hochschulen ist es nun offiziell erlaubt, Physiotherapeuten - ebenso wie Ergotherapeuten und Logopäden - akademisch auszubilden. Die erste staatliche Hochschule für Gesundheit, die 2010 in Bochum eröffnet wird, ist eine Konsequenz dieser Entwicklung. Forschung ist notwendig, um die Wirksamkeit von Behandlungen nachzuweisen.

Außerdem sind Forschung und Lehre an Hochschulen notwendig, um die Qualität therapeutischer Handlungen zu sichern und den wachsenden Anforderungen an die Therapeuten gerecht zu werden.