Das NDR Sinfonieorchester begleitet auf Kampnagel den Film “Metropolis“

Manche Dinge bemerken wir nur, wenn sie fehlen. Das ist häufig sogar ein Qualitätsmerkmal. Ein Stummfilm ohne Filmmusik etwa wirkt schlicht einschläfernd. Im Zuge der triumphalen Neuentdeckung von Fritz Langs Klassiker "Metropolis" aus dem Jahre 1927, dieser rauschhaft-expressionistischen Schilderung der futuristischen Großstadt, rückt auch die Vertonung des Films ins Rampenlicht: die kongeniale Partitur für großes Orchester von Gottfried Huppertz. Bei der diesjährigen Berlinale wurden beide euphorisch gefeiert. Nächste Saison nun kommt der Filmmusikspezialist und Chef der Europäischen Film-Philharmonie Frank Strobel, der die Berliner Wiederaufführung dirigiert hat, nach Kampnagel und leitet das NDR Sinfonieorchester, wenn das rekonstruierte Gesamtwerk aufgeführt wird.

Strobel ist "Metropolis" seit seiner Jugend verfallen. Zahlreiche Vorführungen hat der heute 44-Jährige begleitet, zunächst als Pianist und später als Dirigent; die Huppertz-Partitur kennt er in- und auswendig. Die Musik changiert genial zwischen den Stilen und trifft so den Ton der bewegten Zeiten der Weimarer Republik: Mal swingt sie im Revuerhythmus der 20er-Jahre, mal klingt Strawinskys "Sacre du Printemps" an und mal Richard Wagners "Parsifal".

Um ihre Wirkung zu entfalten, muss Filmmusik bis in einzelne Bewegungen hinein exakt zu den gezeigten Szenen passen. Deshalb konnte Strobel nie das ganze Werk aufführen. Nachdem der Film bei seiner Uraufführung im Januar 1927 grandios durchgefallen war, wurde er nämlich um rund eine halbe Stunde gekürzt. Das herausgeschnittene Material ging verloren; trotz mehrerer Rekonstruktionsversuche gelang es nie, die logischen Sprünge und Lücken in der verzweigten Handlung zu beseitigen.

83 Jahre hat "Metropolis", Weltdokumentenerbe der Unesco, darauf warten müssen, wieder in seiner fast vollständigen ursprünglichen Fassung gezeigt zu werden. 2008 tauchte schließlich eine vergessene, arg zerkratzte Kopie in Buenos Aires auf, die der Ursprungsfassung fast vollständig entspricht. Wunderbarerweise ist die Szenenfolge identisch mit derjenigen, die Huppertz, seinerzeit eng in die Dreharbeiten einbezogen, in seiner Partitur notiert hat. So hat die Musik ihren Teil zur Rekonstruktion beigetragen.

Und Filmgeschichte geschrieben. Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber Superlativen - die Zuschauer und Zuhörer erwartet auf Kampnagel schlicht eine Sensation.

Metropolis 3./4.12., jeweils 20 Uhr, Kampnagel.

Weitere Konzerte in der Reihe NDR Sinfonieorchester auf Kampnagel:

Bernstein Night 5.2.2011.

Sacre, Poème de l'Extase 15./16.4.2011, jeweils 20 Uhr. Das Projekt ist eine Kooperation von NDR Sinfonieorchester, Elbphilharmonie Konzerte und Kampnagel.