Matthias Goerne und Christoph Eschenbach musizieren Schubert

Tiefe Verzweiflung und eine auf den ersten Blick fast naiv wirkende Klangseligkeit sind die Pole, zwischen denen der Komponist Franz Schubert sein Universum aufspannte - ein Wiener von Geburt und Gemüt. Der Heurigenschwung ist bei ihm nie fern, aber gleich dahinter pulsiert jene Unerbittlichkeit, die noch die harmloseste Melodie in eine Todesdrohung verkehren kann. Dieses Amalgam aus Süße und Todessehnsucht findet sich in Schuberts Sinfonien, in seiner Kammermusik und besonders in seinen Liedern.

Das Erschütternde in ihnen freizulegen, statt sie in gemütlicher Biedermeierlichkeit versanden zu lassen, ist das Anliegen des Baritons Matthias Goerne. Mit seinem Duopartner, dem Pianisten Christoph Eschenbach, gibt er beim diesjährigen Festival an drei Abenden Herzstücke aus Schuberts Liedschaffen: die beiden berühmten Zyklen "Die Winterreise" (27.8. Rendsburg) und "Die schöne Müllerin" (28.8. Rellingen) und dazu den nicht minder berühmten "Schwanengesang" (25.8. Wotersen).

Für "Winterreise" und "Müllerin" hat Schubert Gedichte von Wilhelm Müller vertont. Beide sind Ende des 18. Jahrhunderts geboren und kurz hintereinander gestorben; begegnet sind sie sich nie, diese Brüder im Geiste romantischer Melancholie.

Die Lieder des "Schwanengesangs" hat erst Schuberts Verleger nach dem Tod des Komponisten zusammengefasst und mit dem Titel versehen; eine Bezeichnung, die traditionell auf ein Opus ultimum hindeutet. Ob Schubert die Gruppe tatsächlich als Zyklus geplant hatte, ist nicht bekannt. Und schon gar nicht, ob es tatsächlich Todesahnungen waren, die dem 31-Jährigen die Feder führten.