Musikerinnen konzertieren und unterrichten

Was man anderen erklärt, begreift man selbst am besten. Viele Musiker bestätigten diese allgemeine Lebensweisheit auch für das Unterrichten. Das Festival hat für dieses Jahr drei große Geigerinnen als Pädagoginnen gewonnen, die ihre Erfahrungen als Solistinnen passioniert weitergeben.

Die Niederländerin Isabelle van Keulen hat keine eigene Geigenklasse, arbeitet aber gerne projektweise mit Studenten. So wird sie mit dem Schleswig-Holstein Festival Kammerorchester ein Programm einstudieren (31.7. Pronstorf, 1.8. Norderstedt). Die Stückeauswahl ist denkbar abwechslungsreich: Auf Witold Lutoslawskis atonale, teils zwölftönige "Musique funèbre" aus dem Jahr 1958 folgt Sergej Prokofieffs graziöse "Symphonie classique" - wegen ihrer Durchhörbarkeit so anspruchsvoll und gefährlich wie eine Mozart-Sinfonie. Mit dem "Triptyque" (1930) verneigen sich die Musiker vor dem jüdisch-polnisch-französischen Komponisten Alexandre Tansman, der zu Lebzeiten kaum eingespielt wurde; die Renaissance seines Werks auf CD hat Tansman, der 1986 starb, nicht mehr erlebt. Und den beschwingten Schluss bilden die "Cuatro estaciones porteñas" von Astor Piazzolla.

Ende August kommt van Keulen noch einmal, diesmal mit "ihrem" Norwegischen Kammerorchester - und mit einem ungewöhnlichen Konzept: Die Leitung des Konzerts teilt sie sich mit dem norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes. Der dirigiert vom Klavier aus Mozarts Klavierkonzert c-Moll und das zweite Klavierkonzert seines Landsmanns und Zeitgenossen Bent Sorensen, van Keulen leitet Mozarts "Haffner"-Sinfonie und Edvard Griegs Nationalopus "Aus Holbergs Zeit" vom Konzertmeisterpult aus (26.8. Hamburg).

Das pädagogische Engagement der Japanerin Midori ist verblüffend vielfältig: Sie hat Heifetz' Professur an der University of Southern California geerbt; die Organisation "Midori & Friends" fördert Musikunterricht für benachteiligte Kinder; Midori arbeitet mit Jugendorchestern und gibt Meisterkurse auf der ganzen Welt - auch beim Festival. In der Lübecker Musikhochschule gibt sie vom 2. bis 10. August einen Meisterkurs.

Als ausübende Geigerin ist Midori am 3. August im Theater Itzehoe zu Gast. Mit ihrem langjährigen Duopartner, dem Pianisten Özgür Aydin, spielt sie Sonaten von Beethoven, Bloch, Szymanowski und Brahms. Und am 15. August (Kiel) reiht sie sich unter die musizierenden Gratulanten beim SHMF-Jubiläumsfest.

Mit Ana Chumachenko verbindet man spontan die vielen Weltstars, die bei ihr gelernt haben: Julia Fischer gehört zu ihnen, Lisa Batiashvili, Arabella Steinbacher und hin und wieder auch ein Mann, etwa Linus Roth. Dabei hat die Weltbürgerin mit ukrainischen Wurzeln, die in Italien geboren und in Argentinien aufgewachsen ist, selbst eine internationale Solokarriere gemacht und war sogar Preisträgerin des berühmten Königin-Elisabeth-Wettbewerbs. Ana Chumachenkos Meisterkurs an der Lübecker Musikhochschule findet vom 19. bis 26. Juli statt. Schon über 20 Jahre ist sie Professorin an der Münchner Musikhochschule. Fragt man ihre Schüler nach ihr, geraten sie ins Schwärmen über ihre Freundlichkeit und die Sorgfalt, die sie jedem ihrer Schüler entgegenbringe - wie etwa die hoch gelobte norwegische Nachwuchsgeigerin Vilde Frang: "Bei ihr fühle ich mich wie eine kleine Prinzessin."