Der US-Amerikaner Bobby McFerrin ist sein eigenes Ein-Mann-Orchester - beim Festival ist er gleich mehrfach zu erleben

Wie oft mag er es wohl verflucht haben, den Gassenhauer "Don't Worry, Be Happy" nach einem Zitat von Meher Baba gesungen zu haben. Zu Unrecht klebt auf Bobby McFerrin seit 1988 das Stigma des lebensweisen, ewig gut gelaunten, Durchhalteparolen versendenden Sängers. Immerhin ging das Album "Simple Pleasures" mit dem Hit, dessen Melodie seinerzeit jedes Kind mitsingen konnte, gut zehn Millionen Mal über den Ladentisch.

Dabei steckt in dem außergewöhnlichen Amerikaner so viel mehr. Die Musikerlaufbahn schien bei dem gebürtigen New Yorker früh vorgezeichnet. Sein Vater, Robert McFerrin, sang in den 50er-Jahren als erster afroamerikanischer Opernsänger an der Metropolitan Opera in New York. Seine Mutter Sara war ebenfalls Sängerin. McFerrin wuchs mehr oder weniger im Konzertsaal auf. Erlebte seinen Vater bei seiner Lehrtätigkeit. Ab dem Alter von sechs Jahren erhielt er folgerichtig an der Juilliard School of Music Klavierunterricht. Später kamen auch noch Klarinette und Flöte hinzu.

Bald erregte McFerrin Aufsehen mit seiner einzigartigen über viereinhalb Oktaven reichenden Stimme. Wie ein Gummiband kann er sie dehnen, zum anmutigen Jubilieren bringen oder in rhythmisches Stakkato versetzen. In den Anfängen brachte er sie dazu, rasant zwischen Brust- und Falsettstimme hin- und herzuwechseln. Das Stimmwunder braucht ähnlich wie Kollege Al Jarreau keine Begleitmusiker.

McFerrin kann seiner Stimme selbst die Gestalt von sieben verschiedenen Instrumenten verleihen. Die eigene Brust muss auch schon mal als Perkussionsgerät herhalten. In seinen Soloauftritten hat er sich einen gewissen Minimalismus angewöhnt. Häufig kommt er einfach auf die bis auf einen Stuhl, ein Glas und eine Flasche Mineralwasser leere Bühne. Ein Mann, nackt bis auf die Stimme. Dank modernster Mikrofontechnik ist McFerrin in der Lage, die eigene Stimme mehrfach übereinanderzulegen und damit polyfone Klänge zu erzeugen.

McFerrin hat in seiner langen Karriere mit allen Großen der Branche die Bühne geteilt, darunter der Pianist Chick Corea, der Cellist Yo-Yo Ma, der Trompeter Dizzy Gillespie oder auch die interdisziplinär arbeitende Laurie Anderson. Er ist mit zehn Grammys dekoriert. Seit 1990 hat er nach kurzer Schulung auch noch die Kunst des Dirigierens für sich entdeckt. Etliche ungewöhnliche Abende im Grenzbereich zwischen Klassik und Jazz hat der heute 60-Jährige gemeinsam mit der NDR Bigband bei früheren Festivals ausgeheckt, zuletzt war "Expect The Unexpected" bei ihm Programm.

In diesem Jahr versucht er sich an einem besonderen Kunststück. In "Bobby Meets Chopin" geht es um nicht weniger als die Übertragung der filigranen Musik Frederic Chopins in die Jazzimprovisation (10.8. Neumünster, 11.8. Lübeck). Wahlweise wird der Amerikaner dabei Instrumente von der Flöte über das Cello bis zum Bass nachahmen. Am Dirigentenpult der NDR Bigband steht an beiden Abenden der arrivierte Gil Goldstein.

Klassische und ungewöhnliche Vokalwerke sind für einen Abend des Stimmakrobaten mit dem Schleswig-Holstein Festival Chor am 12. August im Deutschen Haus in Flensburg angesetzt. Bobby McFerrin interpretiert VOCAbuLarieS, umkreist Circle Songs und ergeht sich in seinen geliebten freien Improvisationen. "VOCAbuLarieS" lautet auch der Titel seines aktuellen, im April erschienenen, Albums. In der ganzen Welt hat er dafür den Menschen Klänge abgelauscht: Indische Tabla-Perkussion verfeinert "Say Ladeo", expressive afrikanische Chöre durchziehen "Wailers".

Beim Konzert dürfte so ganz ohne musikalische Verstärkung der Charakter des Sängers als "lebende Rhythmusgruppe" zum Ausdruck kommen. McFerrin wird überdies am großen Jubiläumsfest des Festivals am 15. August in der Kieler Sparkassen-Arena mit dem Schleswig-Holstein Festival Orchester unter Christoph Eschenbach und zahlreichen hochkarätigen Solisten teilnehmen. Im Gegensatz zu denen ist Bobby McFerrin natürlich wie immer sein eigenes Orchester.