An was glauben Sie? Als HSV-Chef muss Bernd Hoffmann häufig den harten Manager geben. Kraft für den nervenaufreibenden Job zieht er aus seiner Familie und seinem katholischen Fundament.

Ob Bernd Hoffmann sich als Kind Gott als Fußballtrainer vorgestellt hat? "Ganz bestimmt nicht", sagt der 47-Jährige entschieden und mit schaurig-schönem Grusel in der Stimme. Er weiß, wovon er spricht, denn seit er vor sieben Jahren Vorsitzender des HSV wurde, hat er einige Trainer kommen und gehen sehen. "Da gibt's nicht mal die Idee einer Nähe, glauben Sie mir. Für mich war Gott eher der gütige Mann mit dem Rauschebart, ein bisschen wie der Nikolaus."

Bernd Hoffmann ist ein mächtiger Mann in einer Männerbranche, einer, der mit Millionen hantiert und der mit Mut, gutem Geschäftssinn und einer Zockermentalität den Hamburger Traditionsverein wirtschaftlich und spielerisch wieder stark gemacht hat. Einer, der dafür als öffentliche Person jeden Tag den Watschenmann geben muss, der persönliche Angriffe aushalten und bei Kritik sachlich bleiben muss.

Es gab Zeiten, vor allem im vergangenen Jahr, an denen ihm der Orkan der Attacken bitter ins Gesicht blies. Das ging nicht spurlos an ihm vorbei. Das schmerzte ihn - vor allem auch für seine Familie.

Denn er ist einer, für den die Familie das Wichtigste ist, einer, der voller Zärtlichkeit von seinen Kindern, zwei Zwillingspaaren, erzählt. Der sich oft fragt, ob er ein solches öffentliches Leben seiner Familie zumuten kann. Warum er es macht? "Mein Job ist so, als ob man eine riesige Carrera-Bahn geschenkt kriegt", sagt er, und für einen Moment sieht er wirklich aus wie ein kleiner Junge. "Diese kindliche Freude daran, die habe ich mir bewahrt. In der Sekunde, in der diese Freude fehlt, ist die Belastung schwer zu ertragen."

In der Branche gilt Hoffmann als knallharter, kühler Stratege, einer der auch aneckt. Im Gespräch ist der Fußballmanager jedoch angenehm, einer, der gut zuhören und über sich selbst lachen kann. Und der die Quadratur des Kreises versucht, in einer testosterongesteuerten Branche, die keinen Fehler verzeiht: trotzdem an den grundsätzlich guten Willen zu glauben, den jeder Mensch habe.

Er sei eben kölsch-katholisch geprägt, sagt der Leverkusener Lehrersohn, von der rheinischen Leichtigkeit des Seins, die auch den Glauben umfasse. Seine gerade verstorbene Großmutter legte den Grundstein für seinen Glauben und sein Gottvertrauen, das ihm heute noch Kraft und Stärke gibt.

Sie nahm ihn mit zum Gottesdienst, und es bewegt ihn, wenn er erzählt, dass in genau dieser Kirche nun die Trauerfeier für die 97-Jährige gehalten wurde. "Da hat sich ein Kreis geschlossen."

In der Praxis ist es oft nicht leicht, die Werte des Glaubens zu leben. "Ich versuche, mit meinem positiven Menschenbild in meinem direkten Umfeld etwas umzusetzen", sagt er. Dass er selber dabei nicht immer seinen Ansprüchen genügt, hat er in anderen Interviews zugegeben. In manchen Szenen wird er als sehr ungeduldig beschrieben. Und: "Impulsivität ist meine größte Schwäche, weil sie von vielen auch falsch eingeordnet wird."

Und doch sieht er sich selbst als einen Vereinschef, der bei seinen Spielern an den guten Kern glaubt, auch wenn der zwischen Machogehabe und knallharten Vertragsverhandlungen nicht so leicht zutage tritt.

Wie die Spieler mit dem öffentlichen Druck zurechtkommen, das beschäftigt ihn sehr. "Mittlerweile ist das eine 24-Stunden-Maschinerie, die sehr stark auf die einzelnen Spieler fokussiert ist", sagt er. "Das geht an ihnen nicht spurlos vorbei. Früher traf der Druck sie sieben, acht Jahre in ihrer Karriere, dennoch konnten sie Ausbildungen machen und sich mit anderem beschäftigen. Heute hat ein herausragender Fußballer eine Spanne von zwanzig Jahren."

Da habe der Verein eine sehr hohe Verantwortung, sie individuell zu begleiten. Es gebe sicher immer noch viele Vorbehalte, sich dem Thema mentale Betreuung anzunehmen, gibt er zu. "Medizinisch sind die Spieler perfekt versorgt, aber die Kräfte, die auf die Persönlichkeit der Spieler wirken, sind enorm." Deswegen kümmert sich seit Neustem ein Psychologe vor allem um die Karriereplanung der Nachwuchsspieler.

Doch natürlich ist Hoffmann Geschäftsmann, der Verträge von Spielern, "die die Ansprüche nicht erfüllen", nicht verlängert. Das mache ihm nur selten Kopfweh, schließlich sei das für die Spieler keine existenzielle Bedrohung. Schwerer fiele ihm da, einem Buchhalter aus wirtschaftlichen Gründen kündigen zu müssen.

Verantwortung zu übernehmen fällt ihm nicht schwer. Konflikte auszuhalten schon: "Ich bin ein harmoniesüchtiger Mensch und kann schlecht mit Streit leben. Ich will die Dinge schnell ins Reine bringen. Als Schwäche habe ich das nie gesehen."

Vor allem in der Familie setze ihm Streit zu, da leide er geradezu körperlich. "Ich bin weit entfernt davon, als Vater perfekt zu sein", sagt er. Aber Verlässlichkeit möchte er seinen Kindern geben, die im Alter von fünf und neun Jahren sind, drei Jungs und ein Mädchen.

Zu Hause dominiert oft das Thema Fußball. "Aber das liegt nicht an mir, sondern an den Jungs!", beteuert Hoffmann. Manchmal mache er sich schon Sorgen, dass sie Cézanne und Kafka später mal für zwei defensive Mittelfeldspieler halten könnten, erzählt er augenzwinkernd. Er genießt die Zeit mit seinen Kindern sehr, "die sind unglaublich nähebedürftig, das sind Zwillinge wohl schon im Mutterbauch. Sie haben alle eine hohe Sozialkompetenz, vor allem meine Tochter. Mein älterer Sohn wäre später gerne HSV-Präsident."

Seinen Kindern auch christliche Werte zu vermitteln, das ist für ihn wichtig, und katholisch dürfen die Werte ruhig auch sein. So gehen die Kinder auf eine katholische Schule, obwohl sie protestantisch getauft sind. "Meine Frau ist Protestantin, die Auswahl unter den Katholikinnen in Hamburg war nicht so groß", sagt er grinsend.

Zum Gottesdienst in die Winterhuder Kirche St. Antonius schaffe er es nicht so häufig, wie er es gern möchte, aber wenn er dann in der Kirche sitzt, genieße er die fußballfreie Zeit, die Zeit mit Gott.